Yitzhak Rabin – Dreißig Jahre nach dem Schuss auf den Frieden

Eine Gruppe von Menschen.
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Am 4. November 1995 verstummten in Tel Aviv die Rufe für den Frieden, als Schüsse fielen. Yitzhak Rabin, Israels Premierminister, wurde von einem jüdischen Extremisten ermordet. Dreißig Jahre später ist sein Tod nicht nur eine nationale Wunde, sondern auch ein Prüfstein: für Israels Demokratie, für die jüdische Welt – und für unser Verständnis von Mut, Verantwortung und Versöhnung.

Vom Kämpfer zum Staatsmann

Yitzhak Rabin wurde 1922 in Jerusalem geboren – in eine Zeit, in der das Land noch kein Staat war, sondern Vision und Hoffnung. Schon als junger Mann trat er der Palmach bei, der Eliteeinheit der Haganah. Er kämpfte im Unabhängigkeitskrieg und stieg bis zum Generalstabschef der israelischen Armee auf.

1967 führte er Israel im Sechs-Tage-Krieg – und wurde zum Symbol militärischer Stärke. Doch genau aus dieser Erfahrung wuchs sein Verständnis, dass wahre Sicherheit nicht nur durch Waffen, sondern auch durch Mut zum Dialog entsteht.

Der schwierige Weg zum Frieden

Nach Jahren als Diplomat – unter anderem als Botschafter in Washington – übernahm Rabin 1974 erstmals das Amt des Premierministers. Sein zweites Mandat ab 1992 sollte Geschichte schreiben:
Gemeinsam mit Shimon Peres und Jassir Arafat unterzeichnete er 1993 die Oslo-Abkommen – die erste direkte Vereinbarung zwischen Israel und der PLO. Ein Jahr später folgte der Friedensvertrag mit Jordanien.

Die Bilder vom Händedruck auf der Wiese des Weißen Hauses gingen um die Welt: Rabin, der Soldat, der die Uniform gegen das Vertrauen in Worte tauschte. Dafür erhielt er 1994 den Friedensnobelpreis.

In seiner Rede sagte er:

„Wir sagen heute mit lauter und klarer Stimme: Genug Blut und Tränen. Genug.“

Diese Worte sind heute Mahnung und Vermächtnis zugleich.

Das Attentat – und der Riss in der Gesellschaft

Der 4. November 1995 bleibt ein Tag, den Israel nie vergessen wird. Auf einer großen Friedenskundgebung in Tel Aviv, auf der Zehntausende gegen Hass und Gewalt demonstrierten, wurde Rabin nach seiner Rede von einem rechtsextremen Juden erschossen.

Mit diesen Schüssen endete nicht nur das Leben eines Staatsmannes, sondern auch eine Epoche des vorsichtigen Optimismus. Die Spaltung innerhalb der israelischen Gesellschaft, die sich in jenen Monaten aufgeladen hatte, trat offen zutage – eine Spaltung, die bis heute nachwirkt.

Der Platz, auf dem Rabin fiel, trägt heute seinen Namen: Kikar Rabin – Rabin-Platz. Ein Ort des Gedenkens und zugleich ein Spiegel des gesellschaftlichen Ringens um Erinnerung und Verantwortung.

Rabin heute – mehr als Erinnerung

Drei Jahrzehnte nach seinem Tod bleibt Yitzhak Rabin ein Symbol – für Mut, für Kompromissbereitschaft, für den Glauben, dass Frieden kein Zeichen von Schwäche ist, sondern von Stärke.
Doch sein Vermächtnis ist auch eine Warnung: Wie gefährlich Fanatismus werden kann, wenn Worte zu Waffen werden.

In einer Zeit, in der politische Extreme weltweit wieder lauter werden, klingt Rabins Botschaft dringlicher denn je. Sie fordert uns heraus – als Jüdinnen und Juden, als Demokratinnen und Demokraten, als Menschen:

Was tun wir, damit Hass nicht wieder die Oberhand gewinnt?
Wie bewahren wir den Glauben an die Möglichkeit von Frieden – gerade, wenn er fern scheint?

Ein Vermächtnis der Verantwortung

Rabin war kein Heiliger, kein Träumer. Er war ein Realist, der wusste, wie schwer Frieden zu erringen ist – und dass er ohne Mut zur Veränderung unmöglich bleibt.

Sein Tod hat Israel und die jüdische Welt verändert. Doch sein Vermächtnis lebt weiter – in Schulen, in Gedenkzeremonien, in den Worten junger Menschen, die sagen: „Wir wollen leben, nicht hassen.“

Dreißig Jahre später bleibt Yitzhak Rabin nicht nur eine Figur der Geschichte, sondern ein Prüfstein für die Zukunft.
Möge seine Botschaft – „Genug Blut und Tränen“ – uns weiterhin leiten.

Yahrzeit: 12. Cheschwan 5786
Gedenken: 30 Jahre nach dem Attentat auf Yitzhak Rabin, Tel Aviv, 4. November 1995

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