Kennen Sie eigentlich: Irena Sendler – Die stille Heldin von Warschau ?

eine ältere Frau mit schwarzer Kleidung sitzt auf einem Stuhl
Lesezeit: 2 Minuten

In einer Zeit, in der die Menschlichkeit auf dem Prüfstand stand, wurde eine zierliche Frau zur Lebensretterin Tausender. Irena Sendler, geboren 1910 in Warschau, war keine Soldatin, keine Politikerin, keine Anführerin – sie war Sozialarbeiterin. Und doch rettete sie mehr Leben als manch ein gefeierter Kriegsheld. Ihre Geschichte ist eine stille, fast vergessene Heldengeschichte – bis heute.

Als Deutschland 1939 Polen überfiel, veränderte sich das Leben in Warschau dramatisch. Mit der Errichtung des Warschauer Ghettos 1940 begann das systematische Leid der jüdischen Bevölkerung. Hunger, Krankheit und Tod prägten das Bild. Irena Sendler, damals Mitarbeiterin des Gesundheitsamts, nutzte ihren Zugang zum Ghetto, offiziell um Seuchen vorzubeugen – inoffiziell aber, um Leben zu retten.

Unter dem Decknamen „Jolanta“ begann sie mit einem kleinen Netzwerk, jüdische Kinder aus dem Ghetto zu schmuggeln. In Koffern, in Werkzeugkisten, in Müllsäcken oder durch geheime Tunnel wurden sie aus dem Ghetto geschleust – mit einem Ziel: Überleben. Jedes Kind erhielt eine neue Identität, einen gefälschten Tauf- oder Geburtsnachweis und wurde bei katholischen Familien, in Klöstern oder Waisenhäusern untergebracht.

Doch Sendler vergaß ihre wahre Identität nie – und die der Kinder auch nicht. In einem Einmachglas vergrub sie sorgfältig aufgeschriebene Listen mit den echten Namen und neuen Identitäten der Kinder in einem Garten – in der Hoffnung, sie eines Tages mit ihren Familien wieder zusammenzubringen. Die meisten dieser Familien jedoch wurden in den Vernichtungslagern ermordet.

1943 wurde Irena Sendler von der Gestapo verhaftet und schwer gefoltert. Ihre Beine wurden gebrochen, doch sie verriet nichts. Zum Tode verurteilt, wurde sie durch Bestechung aus dem Gefängnis freigekauft und tauchte unter – nur um ihre Arbeit fortzusetzen.

Nach dem Krieg lebte Sendler zurückgezogen. Ihre Taten blieben jahrzehntelang nahezu unbekannt. Erst durch das Engagement amerikanischer Schüler wurde ihre Geschichte Ende der 1990er-Jahre wiederentdeckt. 2007 wurde sie für den Friedensnobelpreis nominiert.

Irena Sendler starb 2008 im Alter von 98 Jahren – eine Frau, die das moralische Rückgrat eines ganzen Volkes verkörperte, eine Heldin ohne Waffen, deren Mut sich in jedem geretteten Kind widerspiegelt. Ihr Vermächtnis ist ein Aufruf zur Zivilcourage: In dunklen Zeiten kann ein einzelner Mensch ein Licht sein – und für viele das Leben bedeuten.

Copyright Foto: Von Mariusz Kubik – own work, User:Kmarius, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2897826