Schock an Jom Kippur: Angriff auf jüdische Gemeinde in Manchester

Ein Englisches Polizeiauto in edn Farben Blau und gelb
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Heute Morgen, um 9:31 Uhr – am Jom Kippur, dem heiligsten Tag im jüdischen Kalender – ereignete sich im Norden von Manchester ein schwerer Angriff. Ein Auto fuhr in eine Gruppe von Gläubigen der Heaton Park Hebrew Congregation. Augenzeugen berichten, dass ein Mann aus dem Fahrzeug sprang und mit einem Messer auf Anwesende einstach. Bewaffnete Polizeikräfte griffen ein und erschossen den mutmaßlichen Täter. Vier Gemeindemitglieder werden derzeit medizinisch behandelt, mindestens eine Person soll schwer verletzt sein.

Dieser Angriff trifft die jüdische Gemeinschaft Großbritanniens an einem Tag, an dem Gebet, Besinnung und Versöhnung im Mittelpunkt stehen sollten. Er zeigt erneut, unter welchen außergewöhnlichen Sicherheitsvorkehrungen jüdisches Leben in Europa stattfinden muss: Synagogen und Schulen sind mit Stacheldraht, Wachpersonal und Patrouillen geschützt. Eltern organisieren sich mit Walkie-Talkies, um ihre Gemeinden zu sichern – ein Umstand, den keine andere Minderheitengruppe in diesem Ausmaß ertragen muss.

Die Ereignisse wecken düstere Erinnerungen: an den Anschlag auf die Synagoge in Halle 2019, als nur eine verschlossene Tür ein Blutbad verhinderte, oder an Pittsburgh 2018, wo ein Attentäter 11 Menschen ermordete. Auch in Kopenhagen, Marseille und Paris kam es in den vergangenen Jahren zu Angriffen auf jüdische Einrichtungen. Bislang schien Großbritannien von solchen Taten verschont zu bleiben. Dieser Morgen hat diese Illusion beendet.

Der Reflex, die Tat als Einzelfall oder das Werk eines psychisch labilen Täters abzutun, wäre gefährlich. Antisemitische Gewalt entsteht nicht im luftleeren Raum. Sie wächst in einem Klima, in dem Verschwörungstheorien, Holocaust-Relativierungen und offene Judenfeindschaft zunehmend salonfähig erscheinen.

Die jüdische Gemeinschaft macht deutlich: Sicherheit darf nicht länger allein in den Händen von Freiwilligen und Wohltätigkeitsorganisationen liegen. Staatlicher Schutz – insbesondere an hohen Feiertagen – ist unverzichtbar. Denn Antisemitismus betrifft nicht nur Juden. Er ist ein Gradmesser für die demokratische Gesundheit einer Gesellschaft.

Ein Angriff auf eine Synagoge ist ein Angriff auf das ganze Land. Wenn Bürger nicht sicher zum Gebet gehen können, verlieren Beteuerungen von Toleranz und Vielfalt ihre Glaubwürdigkeit.

Großbritannien steht an einem Scheideweg. Der heutige Tag, an dem das Undenkbare Realität wurde, könnte zugleich ein Weckruf sein. Die Frage bleibt: Wird das Land hinhören – und handeln?