In den dunkelsten Stunden der Menschheitsgeschichte leuchten einzelne Namen wie Sterne auf. Einer dieser Namen ist Irene Gut Opdyke – eine junge polnische Frau, deren Mut, Mitgefühl und Menschlichkeit das Leben von Dutzenden jüdischer Männer, Frauen und Kinder rettete.
Geboren 1922 in Polen als Irene Gut, wuchs sie als katholisches Mädchen in einer tief religiösen Familie auf. Ihre Jugend war unbeschwert – bis 1939 die deutsche Wehrmacht ihr Land überfiel. Mit nur 17 Jahren trat Irene dem polnischen Roten Kreuz bei und wurde Krankenschwester. Als die Nazis Polen vollständig unter ihre Kontrolle brachten, begann für Irene ein gefährlicher Weg – einer, der sie zur Retterin werden ließ.
Der Mut beginnt im Verborgenen
Während sie zwangsweise für die deutsche Besatzungsmacht arbeitete, wurde Irene Hausmädchen in der Villa des SS-Offiziers Eduard Rügemer in Tarnopol. In der Küche, in der sie Speisen für Offiziere vorbereitete, hörte sie zufällig Gespräche über geplante Aktionen gegen jüdische Ghettos – darunter Massendeportationen und Erschießungen.
Sie reagierte sofort. Ohne zögern warnte sie befreundete jüdische Familien, die daraufhin fliehen konnten. Doch dabei sollte es nicht bleiben.
In einem Akt unfassbarer Courage versteckte Irene zwölf jüdische Menschen im Keller und unter den Dielen der Villa – direkt unter den Füßen von Offizieren der SS. Sie versorgte sie mit Nahrung, Kleidung, Medikamenten – alles unter ständiger Lebensgefahr. Sie lebte mit der Angst, jeden Moment entdeckt zu werden – doch sie schwieg. Immer.
Ein hoher Preis – und dennoch keine Reue
Als ihr Versteck eines Tages fast aufflog, machte sich Irene zur Schutzbehauptung dem SS-Offizier Rügemer sexuell verfügbar. Es war ein persönlicher Preis, der sie innerlich zerriss – und den sie dennoch zahlte, um „ihre“ Menschen zu schützen. Später sagte sie:
„Ich tat es nicht, weil ich besonders mutig war. Ich tat es, weil ich wusste, dass ich etwas tun musste.“
Nach dem Krieg wanderte sie in die USA aus und heiratete William Opdyke. Jahrzehntelang sprach sie kaum über ihre Taten – bis sie mit der Leugnung des Holocausts konfrontiert wurde. Da wusste sie: Jetzt muss ich meine Stimme erheben.
Ehrung und Vermächtnis
Irene Gut Opdyke wurde später vom Staat Israel als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt. Ihre Geschichte wurde zur Grundlage des Theaterstücks „Irena’s Vow“, das weltweit aufgeführt wurde. 2003 erschien ihre Autobiografie „In My Hands: Memories of a Holocaust Rescuer“.
Sie starb 2003 im Alter von 81 Jahren – doch ihr Vermächtnis bleibt: Die Erinnerung daran, dass Zivilcourage, selbst in den aussichtslosesten Momenten, Leben retten kann.
Ein stilles Gebet der Dankbarkeit
Für uns als jüdische Gemeinschaft ist Irene Gut Opdyke mehr als eine historische Figur. Sie ist ein Mahnmal der Hoffnung – ein Beweis, dass selbst im Schatten des Grauens einzelne Menschen den Mut hatten, Menschlichkeit über Angst zu stellen.
Möge ihr Andenken ein Segen sein.