Jom HaScho’a – Erinnerung mit stiller Wucht

Yom Hashoah NEver forget
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Ein ganzes Land steht still. Autos stoppen auf der Autobahn, Menschen steigen aus, Fußgänger bleiben abrupt stehen. Zwei Minuten lang heult eine Sirene – keine Panik, keine Flucht, nur Stille. Es ist Jom HaScho’a, der israelische Holocaust-Gedenktag. Ein Tag, der durch Mark und Bein geht.

Ein Tag für die Erinnerung – und für den Mut

Am 27. Nissan, meist im April, gedenkt Israel gemeinsam mit jüdischen Gemeinden weltweit der sechs Millionen Jüdinnen und Juden, die während des Holocaust ermordet wurden. Doch der offizielle Name des Tages, Jom HaSikaron laScho’a we-laGwura – „Tag des Gedenkens an die Scho’a und den Heldenmut“ – verrät noch mehr: Es geht nicht nur um Trauer, sondern auch um das Erinnern an den Widerstand. An jene, die im Ghetto kämpften, in den Lagern Hoffnung schufen, in der Dunkelheit Licht bewahrten.

Gedenken, das unter die Haut geht

Was diesen Tag so besonders macht, ist seine Tiefe. Anders als internationale Gedenktage, die meist mit Reden und Kranzniederlegungen begangen werden, hat Jom HaScho’a eine emotionale Wucht, die kaum jemand unberührt lässt.

In Israel ist es ein Tag des kollektiven Innehaltens. Schulen widmen sich der Geschichte, das Fernsehprogramm wird umgestellt, das Radio spielt Trauermusik. Überlebende erzählen ihre Geschichten, Namen werden verlesen, Kerzen angezündet. Und dann – diese Sirene. Zwei Minuten, in denen sich die ganze Trauer, die ganze Erinnerung, aber auch die ganze Entschlossenheit Israels verdichtet.

Erinnern für die Zukunft

Jom HaScho’a ist mehr als ein Rückblick. Es ist ein Tag, der Fragen stellt. Wie kann man sich erinnern, ohne zu erstarren? Wie spricht man mit jungen Menschen über das Unsagbare? Und was bedeutet „Nie wieder“ im Hier und Jetzt?

In einer Welt, in der antisemitische Übergriffe wieder zunehmen, in der Verschwörungstheorien blühen und die Stimmen der Zeitzeugen langsam verstummen, ist das kollektive Erinnern keine Pflichtübung, sondern ein Akt der Verantwortung.

Was bleibt, wenn die Sirene verstummt?

Wenn die Sirene endet und das Leben weitergeht, bleibt ein Nachklang. Eine stille Mahnung. Denn Jom HaScho’a ist kein bloßer Tag der Vergangenheit – er ist ein Spiegel für die Gegenwart und ein Auftrag für die Zukunft.

Er erinnert uns daran, dass Menschlichkeit nicht selbstverständlich ist. Und dass es Mut braucht, um sie zu bewahren.