Die Stadt Wien droht einem amerikanischen Nachfahren der Familie Rothschild mit einer Verleumdungsklage, weil er die Gemeinde beschuldigt, die NS-Enteignungspolitik fortzusetzen.
Ein Stadtsprecher äußerte sich diese Woche gegenüber der Zeitung „Der Standard“ zu den rechtlichen Schritten. Es war die jüngste Entwicklung in einem Rechtsstreit, der letztes Jahr zwischen der Stadt und Geoffrey Hoguet und der Nathaniel Freiherr von Rothschild’schen Stiftung für Nervenkranke begann, die Hoguets Urgroßonkel gehörte.
Hoguet, 70, verklagte die Stadt im vergangenen Jahr mit der Forderung, die Stiftung nach den Wünschen seines Vorfahren neu zu gründen und die Kontrolle an eine unabhängige Partei zu übertragen. Ein 12-köpfiges Komitee hatte die Stiftung geleitet, die zwei psychiatrische Pflegeeinrichtungen eröffnete.
Rothshilds Eigentum beschlagnahmt
Nach der Machtübernahme der Nazis in Österreich 1938 wurden die jüdischen Rothschilds vertrieben, ihr Eigentum beschlagnahmt und die Stiftung aufgelöst, berichtete AFP. Im Jahr 1956 wurde die Stiftung wieder gegründet und direkt der Stadt Wien unterstellt.
„Das Vorgehen der Stadt stellt einen einzigartigen Fall von Selbstbetrug und damit möglicherweise einen der zynischsten Fälle in der Geschichte der Enteignungen, Arisierungen und (gescheiterten) Rückführungen im Nachkriegsösterreich dar“, heißt es in einem Text auf der Homepage einer von Hoguet eingerichteten Website, die seinen Kampf um die Wiedererrichtung der Stiftung beschreibt.
Ein Stadtsprecher sagte dem Standard: „Die Stadt behält sich rechtliche Schritte vor und prüft die auf der Homepage aufgestellten Behauptungen rechtlich auf Verleumdung und ruf- bzw. kreditschädigendes Verhalten.“
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