Nach dem Segensspruch über das Essen beim Seder ist es ein allgemeinhin akzeptierter Brauch, einen Becher Wein (den Becher Elijahus) zu füllen, die Haustüre zu öffnen und Verse aus den Psalmen zu rezitieren, womit wir G-tt bitten, Seinen Zorn über unsere Peiniger und Unterdrücker zu schütten.

Laut Tradition werden unsere Heime in diesem Moment mit der Anwesenheit Elijahus geehrt. Diese uralte Tradition hat viele Gründe und Bedeutungen. Dies sind einige:

Elijahu die Tür öffnen

1) Die Tora beschreibt die Pessachnacht als “Lejl Schimurim”1, eine “bewachte Nacht”. Es ist jene Nacht, in der G-tt die Juden vor der Plage, die alle Erstgeborenen Ägyptens tötete, beschützte und jene Nacht, in der G-ttes Schutz über Sein erwähltes Volk am offenkundigsten ist. Die Türe zu öffnen, drückt unser Vertrauen gegenüber G-ttes Schutz aus.

2) Wenn die Türe geöffnet wird, ergreifen wir die Gelegenheit, den Propheten Elijahu einzuladen. Elijahu ist derjenige, der der Beschneidungszeremonie eines jeden jüdischen Jungen beiwohnt und dadurch bezeugt, dass die Juden diesem Gebot der Beschneidung gewissenhaft nachgehen. Männliche Juden durften nur am Pessachopfer teilnehmen, wenn diese beschnitten waren. Deshalb kommt Elijahu zum Seder, um zu „bestätigen“, dass alle Anwesenden beschnitten sind.

Zusätzlich, laut Midrasch, beschneidet sich die gesamte männliche jüdische Bevölkerung am Vorabend des Exodus, des Sederabends, selbst – um sich so für das Essen vom Pessachlamm zu qualifizieren. Daher rührt der klare Zusammenhang von Beschneidung, Elijahu und dem Pessachabend.

Becher des Elijahu

1) Im Talmud gibt es eine offene Frage, ob wir nun vier oder fünf Becher am Pessachabend nehmen sollen. Da diese Frage nie beantwortet wurde, füllen wir einen fünften Becher – trinken aber diesen nicht.

Nach der Ankündigung des Kommens des Maschiach wird eine Aufgabe Elijahus sein, alle bisherigen unbeantworteten halachischen Fragen zu lösen. Daher ist der fünfte Becher, dessen Status bezweifelt wird, auch ein Vorgriff auf die Erkenntnis, die er in diesem Fall zeigen wird.

2) Die vier Becher beziehen sich auf die vier “Ausdrücke der Erlösung”, die G-tt versprach: “Ich werde Euch von dem Leid aus Ägypten herausholen und euch von der Sklaverei befreien; ich werde euch mit ausgestrecktem Arm und mit großen Urteilen erlösen. Ich werde euch zu Meinem Volke machen…”2 Der fünfte Becher drückt den fünften Ausdruck der Erlösung aus, der in folgendem Vers steht: “Ich werde euch in das Land führen…” Dieser Ausdruck ist eine Anlehnung an die zukünftige messianische Erlösung – eine Erlösung, die der Prophet Elijahu ankündigen wird. Aus diesem Grunde trinken, “genießen” wir den fünften Becher nicht – weil wir diese Erlösung noch nicht erfahren haben.

Den „Becher Elijahus“ füllen wir kurz bevor wir das Hallel lesen (deswegen teilen wir das Hallel beim Sederabend in zwei). Nachdem wir also der allerersten Erlösung Israels aus Ägypten gedenken, bringen wir unsere Hoffnung und unseren Glauben an das Kommen des Maschiach, der die neue und endgültige Erlösung sehr sehr schnell herbeiführen wird, zum Ausdruck.