Es ist bekannt, dass sich die Fehler der Eltern über Generationen hinweg wiederholen. Manchmal werden Geschwister nicht gleichbehandelt. Selbst wenn das nur unterbewusst geschieht, entsteht ein Kreislauf, der sich immerwährend fortsetzt. Erst wenn jemand den Kreislauf durchbricht, kann sich das Blatt wenden. Auch die Tora erzählt uns immer wieder von Geschwister-Rivalitäten. Kain und Abel sind ein fantastisches Beispiel dafür. Brüder die zerfressen sind von Neid und Eifersucht.
Aaron hat es geschafft diesen Kreis zu durchbrechen. Er wusste schon immer, dass sein Bruder Mose von Geburt an etwas Besonderes war. Nicht umsonst wählte G-tt ihn zum Erlöser des jüdischen Volkes. Die Tora beschreibt die Rückkehr Mose nach Ägypten aus Midian, nachdem G-tt ihn beauftragt hatte das jüdische Volk zu befreien. Laut der Tora ging Aaron hinaus und küsste Mose zur Begrüßung. Ganz ohne Neid und Eifersucht liebte Aaron seinen Bruder und akzeptierte die von G-tt gegebene Rolle seines Bruders als „Sprachrohr“.
Aaron lehrt uns was Liebe und Frieden bedeuten. Liebe war die Energie, die Aaron antrieb. Als Aaron später verstarb, berichtet die Tora, „trauerte das ganze Volk Israel 30 Tage lang.“. Frauen und Männer trauerten gleichermaßen. Aarons Aufgabe im Leben, war es die Liebe zwischen streitenden Personen wiederherzustellen. Er förderte die Liebe zwischen Mann und Frau. Sein Tod bedeutete somit einen tiefen Einschnitt für jedermann. Über den Tod seines Bruder Mose berichtet die Tora: „Und die Kinder Israel weinten um ihn.“ Also, nur die Männer.
Auch heute noch wird Aaron als Paradigma von Liebe und Frieden angesehen.
Drei große Wunder sicherten das Überleben der Juden in der Wüste; Das Manna, die stete Versorgung mit Wasser, und die „Wolken der Herrlichkeit“, die sie vor Angriffen beschützten. Als Aaron starb, verschwanden vorübergehend die Wolken der Herrlichkeit. Es war plötzlich offensichtlich, dass Aarons Verdienst sie immer neu aufgeladen hatte. Die Wolken standen für all das, was Aaron repräsentierte. Millionen von Menschen können durch dieselbe Wolke geschützt sein, ganz im Gegensatz zu Nahrung und Wasser, das nie gleichzeitig von auch nur zwei Menschen genutzt werden kann. So wie die Wolken, beschützte und wertschätzte Aaron jeden Menschen auf gleiche Weise. Jedes Geschöpf zu lieben, denn sie sind G-ttes Geschöpfe, das war Aarons Mission.
Nicht ohne Grund wurde Aarons Todestag als einziger ausdrücklich in der Tora erwähnt: „Und er starb dort … am ersten Tag des fünften Monats.“ Obwohl Aarons Tod zu einem früheren Zeitpunkt im Buch Numeriaufgeführt ist, ist das Datum erst später erwähnt, im Wochenabschnitt „Masej“, der immer in der Woche seiner Jahrzeit gelesen wird, am 1. Aw.
Aarons Jahrzeit zu verstehen, bedeutet auch das Verständnis der bedingungslosen Liebe für andere.
„Der erste Tag des fünften Monats.“ Fünf ist die Zahl der Erhabenheit. Das unendliche Licht G-ttes braucht vier Stufen abwärts in der Evolution, um zu einer begrenzten Welt und deutlichen Unterschiedlichkeiten zu gelangen. Zuerst ließ G-tt sein Licht kleiner werden, um die Welt der Emotionen, der Ausstrahlungen, zu erschaffen. Da es immer noch viel zu verfeinern galt, um einen physischen Inhalt zu bilden, zog sich G-ttes Licht ein weiteres Mal zurück, um die Welt der Schöpfung zu kreieren, danach die Welt der Anordnung, und zuletzt die Welt, wie wir sie kennen – die Welt der Aktivität, der Handlung. Wenn du die vier Stufen zurück nach oben kletterst und die fünfte Stufe erreichst, und du dort sein solltest, wo ein grenzenloser Raum ist – dann bist du zurück gelangt zu dem EINEN Licht. Von der Perspektive dieser „fünf“, gibt es keine Hierarchie der Schöpfung. Alles ist gleich nahe zu G-tt.
Tag eins des fünften Monats. Eins – enthält die simple harmonische Einheit. Es gibt vom Punkt EINS aus keinerlei getrennten Parteien, alles schwebt über jeglichen Dimensionen.
Aarons Tod deckt sein Lebenswerk auf. Am Tage der Jahrzeit eines Menschen, strahlen seine gesamten Taten und das, was er gelernt hat, zur Erde. Wenn er dich ansah, sah er durch alle persönlichen Auszeichnungen und soziale Stände hindurch zu dem einen Ort, an dem wir alle gleich sind, zusammenarbeiten wie eine Einheit und den gleichen Wert innehaben.
Vielleicht war auch gerade dies der Grund für die neidlose Geschwisterliebe zwischen Aaron und Mose. Sie waren eine Einheit – eine Symbiose. Beide hatten dasselbe Ziel. Vielleicht sollte das auch uns eine Lehre sein. Nicht allein und gegen andere, sondern gemeinsam und mit dem anderen können wir unsere Ziele erreichen. Lassen wir, wie Aaron, Liebe unser Antrieb sein.