Die französisch-israelische Soziologin Prof. Eva Illouz erhält den Aby-Warburg-Preis

Die französisch-israelische Soziologin Prof. Eva Illouz erhält den Aby-Warburg-Preis | Foto: © Raawi - Armin Levy
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Am gestrigen Abend, dem 14. Oktober 2024, wurde die französisch-israelische Soziologin Prof. Eva Illouz mit dem Aby Warburg Preis der Stadt Hamburg ausgezeichnet.

Der Hamburger Senat ehrte sie für ihre bedeutenden soziologischen Arbeiten und ihr Engagement für das Existenzrecht Israels sowie ihren Einsatz gegen den weltweit aufkeimenden Antisemitismus.
Die feierliche Preisverleihung fand im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses statt.

Der Preis, der mit 25.000 Euro dotiert ist, wird alle vier Jahre auf Vorschlag einer unabhängigen Jury an herausragende Persönlichkeiten aus Wissenschaft oder Kultur verliehen.
Neben dem Hauptpreis wurde auch ein Förderpreis in Höhe von 10.000 Euro an den Nachwuchswissenschaftler Dr. Hans Christian Hönes, Senior Lecturer an der Universität Aberdeen, vergeben.
Eva Illouz, geboren 1961 in Fez, Marokko, hat Soziologie, Kommunikation und Literatur in Paris, Jerusalem und Philadelphia studiert.
Sie leitet das Centre Europeen de Sociologie et de Science Politique (CSE-EHESS) in Paris und ist Professorin für Theorie der Gefühle und Modernität an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen. Ihre Arbeiten bewegen sich an der Schnittstelle zwischen Soziologie und Kulturwissenschaften. Illouz hat insbesondere durch ihre Forschung zur Rolle von Emotionen in politischen und sozialen Prozessen internationale Anerkennung erlangt. Die Jury würdigte ihren Beitrag zur Soziologie der Emotionen, der in der Tradition von Aby Warburg steht, der sich ebenfalls intensiv mit der Rolle von Gefühlen in visuellen Kulturen auseinandersetzte.
Eva Illouz beleuchtet in ihren kulturwissenschaftlichen Analysen, wie Emotionen politische Prozesse und soziale Interaktionen beeinflussen. Ihre Arbeit zeigt auf, wie der Einsatz von Emotionen in der Kommunikation, besonders in der heutigen digitalen Welt, oft von populistischen Strömungen geprägt ist. Sie führt damit die Forschungen Warburgs auf eine moderne Weise fort und macht deutlich, wie relevant die Geschichte der Gefühle für die heutige Gesellschaft ist.
Neben ihrer wissenschaftlichen Karriere beweist Eva Illouz auch immer wieder politische Haltung. Schon lange vor dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 setzte sie sich öffentlich für das Existenzrecht Israels ein und prangerte den aufkeimenden Antisemitismus in vielen Gesellschaften scharf an. Mit ihrem klaren Engagement sowohl in der Wissenschaft als auch in politischen Fragen ist sie eine herausragende Stimme unserer Zeit.
Kultursenator Dr. Carsten Brosda | Foto: © Raawi - Armin Levy

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Eva Illouz ist eine der führenden Soziologinnen unserer Zeit und eine Intellektuelle von großer internationaler Sichtbarkeit. Ihre Studien zu Gefühlskulturen in der Moderne, jüngst auch zur Rolle von Emotionen in der Politik, greifen aktuelle Themen auf und machen Muster in der Kommunikation sowie in unserer Gesellschaft deutlich. Ihre analytische Kraft nutzt Illouz auch in den Debatten seit dem 7. Oktober sowie in ihrer klaren Haltung gegen jeglichen Antisemitismus. Als Demokratin mit einem unerschütterlichen moralischen Kompass verweigert sie sich einfachen Denkmustern. Ihre Analysen, Forderungen und Fragen zeigen insbesondere die Fallstricke eines Schwarz-Weiß-Denkens auf und öffnen Diskursräume. Illouz sucht das Gespräch und fordert Lösungen, die uns als Gemeinschaft voranbringen. Mit Eva Illouz würdigen wir eine scharfe Analytikerin, deren Arbeit nicht nur die Grenzen der wissenschaftlichen Disziplinen überwindet, sondern auch einen großen gesellschaftliche Beitrag leistet.“

 

Prof. Eva Illouz | Foto: © Raai - Armin Levy

 

Prof. Eva Illouz: „Warburg was not only a scholar of Renaissance: he was himself a living embodiment of that era, his unprecedented 60.000 volumes private library being a celebration of knowledge and scholarship for their own sake. Yet Warburg also experienced First World War, an event which brought the intelligibility of civilized world to its limits. His response to despair and to the collapse of culture was to transform his house into an observatory of propaganda with the plan to exhibit the material in a Museum of Lies. It is to Aby Warburg’s unborn Museum of Lies that I dedicate my future work.“

Der Aby Warburg-Preis

Der nach dem Hamburger Kunsthistoriker Aby Warburg benannte Preis wurde 1979 vom Senat der Freien und Hansestadt Hamburg gestiftet. Er wird seit 1980 alle vier Jahre verliehen und ist mit 25.000 Euro dotiert. Die Preisträgerinnen und Preisträger sollen im Sinne Aby Warburgs Beispiel geben für ein Denken und Forschen, das die wissenschaftlichen Disziplinen übergreift und in der europäischen Kultur fundiert ist. An Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler wird ein Stipendium in Höhe von 10.000 Euro vergeben.

Zur Jury gehörten Prof. Dr. Margit Kern, Prof. Dr. Bill Sherman, Prof. Dr. Andreas Beyer, Prof. Dr. Barbara Plankensteiner, Prof. Dr. Maria Berbara, Prof. Dr. Petra Lange-Berndt, Prof. Dr. Cornelia Zumbusch.

Den Aby Warburg-Preis erhielten bisher Georges Didi-Huberman, Sigrid Weigel, Martin Warnke, Werner Hofmann, Horst Bredekamp, Natalie Zemon Davis, Claude Levi-Strauss, Carlo Ginzburg, Michael Baxandall, Meyer Schapiro und Jan Białostocki.

Aby Warburg

Aby Warburg wurde 1866 in Hamburg geboren, wo er auch am 26. Oktober 1929 verstarb. Er zählt heute zu den einflussreichsten Kunsthistorikern des 20. Jahrhunderts. Sein Denken sprengte die Grenzen der wissenschaftlichen Disziplinen und seine Forschung etablierte die Ikonologie als kunstwissenschaftliche Methode. Warburg gilt heute als einer der Gründer der modernen Kunst- und Kulturwissenschaften.