Die Frage nach dem Umgang mit Verkehrsflächen, die nach Personen mit einer möglichen NS-Belastung benannt sind, ist nicht nur eine historische, sondern auch eine politisch-moralische. Das Staatsarchiv hat sich in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Einzelfällen beschäftigt.
Kommission zum Umgang mit NS-belasteten Straßennamen tritt erstmals zusammen
Die Behörde für Kultur und Medien hat nun eine Kommission, bestehend aus Expertinnen und Experten für erinnerungspolitische Fragestellungen, berufen, die einheitliche Entscheidungskriterien für den Umgang mit NS-belasteten Straßennamen in Hamburg entwickeln und gegebenenfalls Empfehlungen zu möglichen Umbenennungen aussprechen soll.
Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien, hat die Kommissionsmitglieder heute anlässlich der ersten gemeinsamen Sitzung in der Behörde für Kultur und Medien begrüßt: „Straßennamen sind auch ein Spiegel unserer Geschichte. Immer wieder müssen wir uns der kritischen Vergangenheit einzelner geehrter Personen und damit auch unserer Geschichte stellen. Bis heute fehlen uns hier die einheitlichen Entscheidungskriterien, mit denen wir Personen, die wir heute nicht mehr ehren würden, kritisch einordnen oder Straßen umbenennen. Die Kommission wird uns nicht nur Hinweise zum Umgang mit NS-belasteten Straßennamen geben, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung unserer Geschichte leisten.“
Gründungsmitglieder der Kommission sind:
Dr. Rita Bake (Historikerin, ehemalige stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung)
Prof. Dr. Detlef Garbe (Historiker, Direktor Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen)
Christa Goetsch (Lehrerin und ehemalige Senatorin)
Dr. Herlind Gundelach (Historikerin und ehemalige Senatorin)
Prof. Dr. Rainer Nicolaysen (Historiker und Vorsitzender des Vereins für Hamburgische Geschichte)
Prof. Dr. Miriam Rürup (Historikerin und Direktorin des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden)
Hans-Peter Strenge (Jurist und Staatsrat a. D.) und
Prof. Dr. Malte Thießen (Historiker und Leiter des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte).
Das Staatsarchiv hatte den Historiker Dr. David Templin bereits im Mai 2017 beauftragt, 58 Personen, nach denen Straßen in Hamburg benannt sind beziehungsweise benannt werden könnten, im Hinblick auf eine mögliche NS-Belastung zu überprüfen. Ziel der Studie war, Kurzbiographien zu erstellen und Kategorien zur Klassifizierung der NS-Belastung der Personen zu entwickeln. Anhand der entwickelten Typologie sollten Einzelfälle verglichen und bewertet werden. Darauf aufbauend wird nun die Kommission einheitliche Entscheidungskriterien für den Umgang mit NS-belasteten Straßennamen in Hamburg entwickeln sowie Empfehlungen zu möglichen Umbenennungen erarbeiten.
Neben dem Umgang mit NS-belasteten Straßennamen rückt auch der Umgang mit kolonialen Straßennamen immer mehr in den Fokus. Zum 1. September 2020 konnte im Staatsarchiv Hamburg eine Projektstelle besetzt werden, die innerhalb eines Jahres eine Fachstrategie zur Umbenennung kolonial belasteter Straßennamen im Rahmen der Aufarbeitung des kolonialen Erbes erarbeiten soll.
Bild: © Staatsarchiv Hamburg