Wajigasch: in Erwartung der letztendlichen Wiedervereinigung

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Die erste Nachricht in Code, das heißt entweder in Geheimschrift oder verschlüsselt

Josef gab jedem seiner Brüder zwei anständige Anziehsachen, um als Brüder des Vizekönigs repräsentativ auftreten zu können und um deren beschädigte Kleidung zu ersetzen. Aber dem jüngsten Bruder Benjamin gab Josef fünf Sätze schöner Bekleidung (Gen. 45:22). Josef hatte gesehen, welch verheerende Folgen das Bevorzugen für seine eigene Stellung innerhalb der Brüder gehabt hatte.

Wieso durfte Josef seinen Bruder Benjamin bevorzugen, indem er ihm fünf Bekleidungsstücke zukommen ließ? Josef hatte die Brüder auf die Probe gestellt. Mit eigener Lebensgefahr wollten die Brüder jetzt Benjamin aus den Händen des „grausamen Vizekönigs“ retten. Ihre Verfehlung durch den Verkauf von Josef, dem anderen Bruder von Mutter Rachel, war jetzt gesühnt.

Frei von Eifersucht

Es kann sein, dass Josef – nach der dramatischen Aufklärung – bei seinen Brüdern keine Spur von Eifersucht mehr feststellte und dieses hiermit bestätigte. Benjamin war ein vollständiger Bruder von Josef, während die anderen Brüder nur Halbbrüder waren.

Jüdische Zukunft

Aber es gibt mehr…Der Talmud (B.T. Megilla 16b) schreibt, dass Josef dem Benjamin hiermit einen Hinweis gab, dass Mordechai von ihm abstammen würde, der mit fünf königlichen Gewändern bekleidet sein würde. Es war keine Bevorzugung, sondern eine prophetische Andeutung an Benjamin.

Das Leben unserer Erzväter und ihrer Kinder stand ganz im Zeichen der Zukunft des Jüdischen Volkes. Hier wird davon eine Einzelheit näher beleuchtet.

Noch drei weitere verschlüsselte Botschaften

Nach der dramatischen Enthüllung sandte Josef seinem Vater Ja’akov zehn Esel, mit ägyptischen Leckereien vollgepackt (45:23). Durch die Zahl der zehn Esel sandte er seinem Vater eine verschlüsselte Nachricht, er möge seinen zehn Brüdern den schändlichen Verkauf verzeihen. Sie hätten wie Esel gehandelt!

 

Delikatessen

Was waren das für Leckereien? Laut Raschi (tausendvierzig bis elfhundertfünf) schickte Josef seinem Vater alten Wein, den Betagte sehr gerne mögen. Einer zweiten Erklärung zu Folge sandte er feingemahlene Bohnen.

Das Ende der Schlaflosigkeit

Welche Nachricht sandte Josef mit diesen Delikatessen? Manche behaupten, dass feingemahlene Bohnen und alter Wein Schlaf fördernd seien. Ja’akov konnte, durch seinen gesamten Schmerz und Verdruss bedingt, nie mehr gut schlafen. Josef berichtete ihm, dass jetzt seine Schlaflosigkeit beendet sei.

Schweiß und Tränen

Andere betonen Josefs Befürchtung, dass Ja’akov es herausbekommen würde, dass die Brüder Josef verkauft hatten. Der Verdruss Ja’akovs würde durch „feingemahlene Bohnen“ besänftigt werden. Feingemahlene Bohnen symbolisieren Mühe, Belastung, Schweiß und Tränen. Josef gab seinem Vater hiermit eine Andeutung, dass er nur durch die Entfernung aus der Familie, durch seine Sklaverei und durch seinen Verbleib im Gefängnis zu dieser politischen Höhe gelangen konnte, durch die er jetzt im Stande sei, seine ganze Familie vor der Hungersnot zu retten.

Die Botschaft, die der Wein bedeutete

Die Toraerzählt uns, dass – kurz vor Josefs Bekanntgabe – die Brüder dort mit Josef Wein tranken. Raschi erklärt, dass sie, ab dem Verkauf von Josef, nie mehr Wein getrunken hätten. Auch Josef hatten keinen Wein mehr getrunken, aber an jenem Tag tranken sie zusammen Wein.

in Erwartung der letztendlichen Wiedervereinigung 

Josef wurde sich bewusst, dass auch sein Vater Ja’akov zweiundzwanzig Jahre keinen Wein angerührt hatte. Deshalb sandte Josef seinem Vater Ja’akov auch alten Wein.

Josef sandte alten Wein. Er deutete seinem Vater Ja’akov hiermit an, dass er die Hoffnung auf Wiedervereinigung, während aller dieser Jahre in Ägypten nie verloren hatte. Er hatte nie Wein getrunken, sondern den Wein beiseitegestellt, so lange, dass er alter Wein geworden war, in Erwartung der letztendlichen Wiedervereinigung.

 

© Oberrabbiner Raphael Evers

Foto: Josef verhandelt mit seinem Bruder Juda | © James Tissot, vor 1902, Jewish Museum

 

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