BEI FUNDSACHEN IST EINE VORERMITTLUNG ERFORDERLICH
„Wenn aber dein Bruder dir nicht nahe ist oder du kennst ihn nicht, so bringe es in dein Haus und es bleibe bei dir, bis dein Bruder es fordert, und dann gibt es ihm zurück“ (Dewarim 22:2).
Bei einem unbekannten Verlierer sollten Sie immer warten, bis er sich meldet.
Hätten wir gedacht, dass wir den verlorenen Gegenstand zurückgeben sollten, bevor derjenige, der ihn verloren hat, ihn sucht? Raschis rhetorische Frage zeigt, dass er nicht davon ausgeht.
Der Pasuk (Vers) bedeutet eigentlich, dass wir den Besitzer, der den verlorenen Gegenstand einfordert, untersuchen sollten, um sicherzugehen, dass er kein Betrüger ist. Der Pasuk macht deutlich, dass der Finder den Verlierer nicht kennt.
Notgedrungen muss der Finder warten, bis der Verlierer sich bei ihm meldet. Im Pasuk hätte stehen sollen: Wenn du etwas findest, musst du es deinem Nächsten zurückgeben. Warum heißt es so deutlich: „Es muss bei dir bleiben, bis dein Bruder es sucht“?
Um zu prüfen, ob er ein Betrüger ist
Raschi ändert die Bedeutung der Worte: „bis dein Nächster es sucht“ völlig ab. „Dein Nächster“ scheint das Thema zu sein. „Es“ scheint das direkte Objekt zu sein. Raschi dreht es komplett um. Raschi übersetzt: „bis du (der Finder) deinen Nächsten (den Verlierer) durchsucht hast“, im Hinblick auf den verlorenen Gegenstand.
Sie müssen überprüfen, ob der Verlierer nicht ein Betrüger ist, einen Hintergrundcheck durchführen. Wenn der Verlierer zu erkennen geben kann, woran nur der Finder ihn erkennt, darf dieser den verlorenen Gegenstand zurückgeben.
Mögliche andere Auslegung
Doch die Worte der Thora hätten auch anders interpretiert werden können. Der Pasuk könnte auch bedeuten: „bis dein Nächster es sucht“, aber wir sind nicht verpflichtet, es zu suchen. Der Finder muss den Gegenstand behalten. Er muss jedoch nicht nach strengen Buchstaben der Thora eine Anzeige aufsetzen.
Vorsicht bei den Finanzen des Verlierers
Im zweiten Fall erklärt Raschi, dass man verlorene Gegenstände zurückgeben muss, in dem Sinne, dass man auch ihren Wert im Auge behalten muss. Das gefundene Tier sollte seinen eigenen Wert beim Finder nicht auffressen. Sie können die Lebensmittel vom rechtmäßigen Eigentümer zurückfordern. Wenn sie den Wert des Tieres übersteigt, verliert der rechtmäßige Besitzer nur.
Der Geist des Gesetzes
Daraus leiteten unsere Weisen den folgenden Grundsatz ab: „Alles, was arbeitet und isst, muss arbeiten und essen. Was aber nicht arbeitet, sondern frisst, wie z. B. Schafe, muss verkauft werden. Das Geld muss dann an den Eigentümer zurückgegeben werden“. Raschi erklärt hier den Geist des Gesetzes und nicht den Buchstaben.
Author: © Oberrabbiner Raphael Evers | Raawi Jüdisches Magazin