Hamburg legt Landesstrategie gegen Antisemitismus vor

Alster Touristik Schiffe auf der Binnenalster | Foto: © Armin Levy
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Die Hamburger „Dunkelfeld“-Studie ergab, dass 77 Prozent der Befragten zwischen November 2023 und Februar 2024 in den zwölf Monaten davor antisemitische Vorfälle erlebt hatten. Um dem entgegenzuwirken, hat der Hamburger Senat gestern eine umfassende Landesstrategie gegen Antisemitismus beschlossen. Diese beinhaltet über 150 Maßnahmen, die sicherstellen sollen, dass Antisemitismus in der Stadt keinen Platz mehr hat. Gleichzeitig wurde Stefan Hensel für eine zweite Amtszeit als Beauftragter für Jüdisches Leben sowie die Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus bestätigt.

An der Entwicklung dieser Strategie waren sämtliche Behörden und die öffentliche Verwaltung beteiligt. Im Zentrum stehen fünf Grundsätze, drei Handlungsfelder und zehn Ziele, die dazu beitragen sollen, die Bekämpfung von Antisemitismus in allen Verwaltungsbereichen dauerhaft zu verankern. Zu den insgesamt 157 Maßnahmen gehören unter anderem die Einrichtung einer Bildungsstelle, die Förderung des Jugendaustauschs mit Israel, der Wiederaufbau jüdischer Einrichtungen, Schulungsprogramme für den öffentlichen Dienst und die Stärkung des interkulturellen Dialogs.

Stefan Hensel wird weiterhin unabhängig arbeiten und als Ansprechpartner für die Zivilgesellschaft fungieren. Er setzt sich für die Interessen von Betroffenen ein und möchte die Sichtbarkeit jüdischen Lebens in Hamburg erhöhen. Bei der Ausarbeitung der Landesstrategie spielte er eine zentrale Rolle.

Katharina Fegebank, Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, erklärte: „Immer häufiger erleben Jüdinnen und Juden auch in Hamburg Anfeindungen – am Arbeitsplatz, bei öffentlichen Veranstaltungen, aber auch im Verwandten- und Bekanntenkreis. Antisemitismus bedroht unser Zusammenleben und die Grundwerte unserer Gesellschaft. Wir sind als Staat und Gesellschaft verpflichtet, Judenfeindlichkeit mit aller Kraft entgegenzutreten. Die Landesstrategie nimmt Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft in die Verantwortung und stärkt gleichzeitig Jüdisches Leben in Hamburg. Dabei freue ich mich auf die weitere konstruktive Zusammenarbeit mit Stefan Hensel als Beauftragten für Jüdisches Leben und die Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus.“

Stefan Hensel, Beauftragter für Jüdisches Leben, sagte: „Die Landesstrategie ist für Hamburg ein bedeutender Schritt in der Präventionsarbeit und Bekämpfung des seit dem 7. Oktober 2023 massiv gestiegenen Antisemitismus. Diese Strategie bildet künftig eine zentrale behörden- und ämterübergreifende Grundlage für die Umsetzung und Gestaltung unterschiedlicher Maßnahmen, die in unserer Stadt existieren oder zukünftig ausgebaut werden. Besonders die Förderung des Jugendaustauschs mit Israel halte ich für einen wichtigen Schritt in der Bekämpfung antisemitischer Mythen und Falschbehauptungen über Israel oder das Judentum. Jetzt gilt es, schnellstmöglich in die Umsetzung der Vorhaben zu kommen.“

David Rubinstein, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde in Hamburg, ergänzte: „Jüdische Hamburger wollen eine gesellschaftlich heute relevante Gruppe sein, nicht ein Schatten aus der Vergangenheit. Sie möchten, dass das Judentum für seine Religion und Geschichte bekannt ist. Sie wollen ihre Kinder unbeschwert aufwachsen sehen und ohne Sorge als Juden erkennbar sein können. Viele fühlen sich Israel verbunden und möchten dies zeigen können, ohne bedroht zu werden.“

Die Bekämpfung von Antisemitismus und der Schutz jüdischer Hamburgerinnen und Hamburger sind bereits Teil mehrerer Konzepte des Senats. Angesichts der spezifischen Formen antisemitischer Diskriminierung und deren nachweisbarer Zunahme war jedoch eine umfassendere Strategie erforderlich. Diese neue Landesstrategie baut auf den 2020 entwickelten Eckpunkten auf und wurde in einem mehrstufigen Beteiligungsprozess mit staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren erarbeitet.

Ein Schwerpunkt der Strategie ist die Schaffung einer Bildungsstelle, die die Arbeit gegen Antisemitismus verstärken soll. Diese soll bei einem zivilgesellschaftlichen Träger angesiedelt werden und zielgruppenspezifische Bildungsangebote entwickeln. Weitere zentrale Maßnahmen umfassen den Ausbau antisemitismuskritischer Strukturen, klare Beratungs- und Anlaufstellen für Betroffene sowie die Förderung jüdischer Perspektiven in der Stadtgesellschaft. Auch die außerschulische Bildung spielt eine wichtige Rolle, etwa durch die Landeszentrale für politische Bildung oder die Volkshochschule.