Wir haben letzte Woche gelesen, dass G’tt das Geschaffene nach jeder neuen Schöpfung als „gut“ bezeichnete, außer – nach der Erschaffung von uns Menschen.
Siehe den Text in Bereschit (1.3) – „G’tt sah, dass das Licht gut war, und G’tt schied das Licht von der Finsternis“. Und so geht es weiter, denn es wurde immer mehr geschaffen.
Aber – wenn wir zum Höhepunkt der Schöpfung kommen (vorausgesetzt, die Menschheit ist der Höhepunkt…), vermissen wir diesen Ausdruck „dass es gut war“.
Siehe den Text in Bereschit (1.27) „Und G’tt schuf den Menschen nach dem Bilde G’ttes und machte ihn zum Manne und zum Weibe“.
Der Unterschied zwischen den anderen Schöpfungen und der Erschaffung des Menschen ist unter den Kommentatoren sehr umstritten.
Vielleicht spiegelt sich darin einfach der große Unterschied zwischen allem, was G’tt geschaffen hat, und der Schöpfung von uns, dem Homo sapiens.
Alles wurde vollkommen erschaffen und daher von ihrem Schöpfer für „gut“ erklärt.
Nur wir haben die Wahl zwischen Gut und Böse
Wir sind die einzigen Lebewesen, die mit der Fähigkeit ausgestattet sind, Entscheidungen auf der Grundlage unseres Glaubens an richtig und falsch zu treffen. Wir haben die Wahl zwischen Gut und Böse. Uns ist die Verantwortung übertragen worden, das Gute zu tun und das Schlechte zu unterlassen. Wir können immer mehr tun. Der Mensch ist ein unvollständiges Verb.
Also – die Menschheit für „gut“ zu erklären, ist immer ein Vorgriff auf das, was wir als Menschen jeden Moment neu wählen….
Der Anfang von Bereschit zeigt viele menschliche Fehlentscheidungen, vom Sündenfall Adams über den Mord an Hewel (Abel), die Sintflut bis hin zum Turm von Bawel. Der erste Mann schob die Schuld für das Essen vom Baum des Guten und Bösen sofort auf seine Frau. Chawa (Eva) wiederum schob ihre Verantwortung der Schlange zu. Die große Schuldzuweisung – wie wir dies auch in vielen täglichen Ereignissen erleben – hatte begonnen.
Noah wählte das Gute, konnte aber seine Generation nicht zum Besseren beeinflussen
Der Menschheit ging es immer schlechter, und so beschloss Gott zur Zeit Noahs, einen völlig neuen Anlauf zu nehmen. Noah war mit seiner Familie der Einzige, der das Gute wählte und das Böse hinter sich ließ.
Avraham übernahm Verantwortung
Das hörte erst mit Awraham auf, dem ersten Juden, der um seine Verantwortung wusste und sie übernahm: „Hineni – hier bin ich“. Awraham ließ sich darauf ein und wird bis heute als Vater des Judentums verehrt.
Avraham übernahm Verantwortung, und seine Kinder sind immer noch damit beschäftigt, alle davon zu überzeugen, das Richtige zu tun.
Auch wir sollten Verantwortung übernehmen und als gute Juden weiterleben.
Es liegt an uns, die Welt zu vervollkommnen und uns auf das Kommen des Maschiach vorzubereiten. Nicht mehr und nicht weniger.
Dank an Harav Biberfeld von der Tchortkov Klois United Synagogue Stamford Hill London.
© Oberrabbiner Raphael Evers
Foto: Noah curses Ham | © Gustave Doré