Jedes einzelne Teil der Kleidung der Kohanim hatte einen tieferen Sinn, eine Bedeutung. Und diese Botschaft gilt auch für das Volk, das als ein „Königreich von Priestern“ (19:6) bezeichnet wird. Das Choschen – das Brustschild – befand sich oben auf dem Efod – auf dem Oberteil, das die Brust ebenfalls umhüllte.
SÜHNE – KAPPARA
„Und Du sollst ein Brustschild von Recht (Choschen Hamischpat) ein Erzeugnis vom Nachdenken machen“ (Ex. 28:15). Die Kleidung der Kohanim war als Kappara (Sühne) bezweckt. Welche Verfehlung wird hier gesühnt? Es soll eine Verfehlung des Nachdenkens oder der Überlegung sein, wobei der Gedanke als Handlung gilt.
Efod
Diesen finden wir lediglich beim Götzendienst. Deshalb war der Efod (Oberteil) bestimmt, um Sühne für ketzerische Gedanken und Götzendienst zu erteilen und um das zu berichtigen.
Choschen Mischpat
Das Brustschild erteilte Sühne für Rechtsbeugung. Urteile, richterliche Aussagen, unterliegen der Entscheidung des Richters. Ein Richter kann nur urteilen nach dem, was er sieht. Recht zu sprechen bleibt eine subjektive Angelegenheit. Wenn ein Richter beurteilt, ob Dinge richtig oder unrichtig zu sein scheinen, ist dem kaum zu widersprechen. Nur G“tt, Der die Herzen der Menschen prüft, kann feststellen, ob das, was der Richter sagt, richtig ist. Deshalb befand sich das Brustschild des Rechtes auf dem Herzen von Aharon, dem Hohepriester. Urteile sind von Empfindungen und Gedankenströme abhängig. Deshalb sollte das Brustschild Sühne über Gedanken und über die Auslegung der richterlichen Macht erteilen.
Die Thora lehrt, dass das Choschen – das Brustschild – nicht vom Efod losgelöst werden darf (Schmot/Ex. 28:28). Das Brustschild des Rechtes – das Choschen Hamischpat, wie es in der Thora auch bezeichnet wird – befand sich an der Oberseite des Efod – der Außenseite und musste damit verbunden bleiben. Was war die Symbolik hiervon?
Götzendienst und gerichtliche Korruption
Was haben Götzendienst (wofür das Efod Sühne schenkt) und Rechtsbeugung und gerichtliche Korruption (für die das Choschen Sühne schenkt) miteinander zu tun? Götzendienst hat anscheinend nichts mit der Korruption des Rechtssystems zu tun.
Rechtsangelegenheiten psychologisch analysieren
Bevor wir weiter gehen, sollten wir zuerst Rechtsangelegenheiten psychologisch analysieren. Sind Sie während eines Prozesses schon mal in einem Gerichtssaal gewesen? In West-Europa geht es meistens dabei gesittet und ruhig zu, aber wo anders auf der Welt werden die Empfindungen deutlich gezeigt. Das Gerichtsverfahren ist teuer und die Interessen sind oft groß. Beide Parteien kämpfen oder streiten meistens fanatisch, um ihr Recht zu erläutern und um Recht zu bekommen. Es darf Dich nicht verwundern, dass die Wahrheit von beiden Parteien komplett anders gesehen und wahrgenommen wird. Es darf Dich auch nicht verwundern, dass Parteien und ihre Helfer es mit der echten und objektiven Wahrheit manchmal nicht allzu ernst nehmen und wirklich alle Mittel aufgreifen, um ihr Recht zu erreichen.
Grundmanko
Wir können den Götzendienst auf verschiedene Weisen analysieren und verstehen. Der Götzendienst fußt auf einem fehlenden Glauben an G“tt als der Leiter des Universums. Jeder erhält seinen irdischen Teil in diesem Leben. An jedem Rosch Haschana (Jüdisches Neujahr) wird für jeden Weltbürger festgelegt, was er in diesem Jahr erhalten wird. Wenn man mit aller Macht und Mitteln versucht, einen Prozess zu gewinnen und hierbei alles einbringt, um die Gegenpartei kaputt zu machen – über Flüsterkampagnen bis zu Beiträgen mit übler Nachrede – deutet das auf ein einziges Grundmanko. Man ist wohl (anscheinend) fromm bei der Betätigung der Lippen, aber führt – im juristischen Sinne – das Leben eines Barbaren.
um Gewinn des Ansehens, Macht oder Geld
Ausschließlich um Gewinn des Ansehens, Macht, Geld oder Beachtung zu erzielen, wird jedes moralische Prinzip mit Füßen getreten, als ob es „keinen Richter auf Erden gäbe“. Ein gläubiger Mensch benötigt alle diese Unanständigkeiten nicht, um an sein tägliches Brot zu kommen. Er möchte dieses nicht einmal und meidet jeden Anschein, dass „das Ziel die Mittel heiligt“. Er erhält seine Parnosse vom Ribono Schel Olam (Herr der Welt). Der wahre Gläubige weiß, dass HaSchem ihn nur im Stich lässt, wenn er unehrlich und unaufrichtig ist. Und nur hilft, wenn er die Regeln von Moral und sich benehmen beachtet.
äußerst bruchstückhaften Glaube
Das Choschen darf nicht vom Efod entfernt werden. Götzendienst und richterliche Korruption hängen zusammen: es ist die Rede von einer äußerst bruchstückhaften Emuna (Glaube).
fehlerhaftes Naturell führt zu einem mangelhaften Urteilsvermögen
Wir können bei unserem Verständnis von Götzendienst noch eine Stufe höher erreichen. Verschiedene Kommentatoren beschreiben den Glaube an G“tt als die einzige Macht, die unser Leben steuert als „die einzige richtige Entscheidung, die ein ehrlicher und aufrichtiger Mensch treffen kann“. Das Judentum geht davon aus, dass die Gefühle und Empfindungen das Denken steuern. Wenn man nicht über die wahren und richtigen Gefühle verfügt, wird das Denken korrumpiert. Ein verkehrtes oder fehlerhaftes Naturell führt zu einem mangelhaften Urteilsvermögen. Ein schlechter Charakter kann das Gesamtbild nie vollständig in richtige Proportionen sehen, da er seine korrupte Persönlichkeit immer bei seinem Endurteil und seiner Endbetrachtung mit einbringt.
das Herz an der richtigen Stelle
Deshalb befindet sich das Choschen Hamischpat – das Brustschild des Rechtes – oberhalb des Herzens. Urteile sind von Empfindungen und Gedankengängen abhängig. Deshalb sollte das Brustschild Kappara – Sühne – für die Gedanken und Interpretationen der richterlichen Macht verschaffen. Denn nur Richter, die das Herz an der richtigen Stelle haben und sich nicht durch Vorurteile und Gequatsche in den Sozialen Medien leiten lassen, können ein gutes und gerechtes Urteil fällen.
Author: © Oberrabbiner Raphael Evers | Raawi Jüdisches Magazin