Parascha Zaw: Die Hintergründe des Mehlopfers

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DIE HINTERGRÜNDE DES MEHLOPFERS

„Dieses ist die Vorschrift des Mehlopfers: lasse es die Söhne von Aharon für G“tt zur Vorderseite des Altars bringen…als Matza sollte es an einem heiligen Ort gegessen werden; im Vorhof des Zeltes der Zusammenkunft sollten sie es essen“ (Wajikra 6:7-10). Matza ist ein Symbol der Bescheidenheit. Der Kohen, der die Mazta aufessen soll, sollte wissen, dass er sich zu den Tisch G“ttes anschiebt.

 

Sühne

Eigentlich sollte das Mehlopfer auf dem Altar vollständig verbrannt werden müssen, aber G“tt gibt Sein Dienern einen Teil Seiner Opfergaben. Das Mehlopfer sollte an einer Heiligen Stelle neben dem Altar gegessen werden. Der Gedanke dahinter ist, dass genauso wie die Opfergaben auf dem Altar Kappara (Sühne) dem Menschen, der dieses Opfer erbracht hat, verleiht, auch das Essen durch die Kohanim eine Art von Sühne herbeiführt. Bescheidenheit ist hierbei das Schlüsselwort.

 

Kein Chametz

„Es darf nicht als Chametz gebacken worden sein“ (6:10). Hefe lässt gären und anschwellen und ist ein Symbol für aufgeblasene Egos. Ein flacher Matzekuchen hat symbolisch eine bestimmte Keduscha (Heiligkeit), da nur der bescheidene Mensch G“tt zulässt. Die Verbrennung auf dem Alter und das Konsumieren durch Kohanim, beide Arten der Nutzung von Opfergaben dienen demselben Ziel. Daher, dass sie auch an derselben Stelle zu erfolgen haben.

 

Ba’al teschuwa (Jemand, der zur Einkehr gelangt)

Sühneopfer und Schuldopfer dienen dazu, das, was schiefgelaufen war, gerade zu rücken. Sie werden als das Allerheiligste bezeichnet, da ein Ba’al Tschuwa (Jemand, der zur (inneren) Einkehr gelangt) höher als ein Tzaddik (Heiliger) gilt. Der Talmud besagt das auch mit so vielen Worten: auf der Ebene, auf der Ba’alej teschuwa sich befinden, können große Heilige nicht gelangen (B.T. Berachot 34b). Wenn jemand Teschuwa aus Liebe verrichtet, sorgt dieses dafür, dass seine absichtlich erfolgten Verfehlungen zu religiösen Gewinnpunkten werden (B.T. Joma 86b). Die Wandlung vom Bösen zum Guten ist eine Ebene, die selbst ein völlig heiliger Mensch nicht erzielen kann, da er sich immer von bösen Einflüssen fernhält. Die Opferungen, die diesen Reinigungsvorgang von Bösem zu Besserem begleiten, heißen deshalb allerheiligst.

 

Demut und Bescheidenheit

Im Opferdienst wird das böse Materielle bearbeitet. Die Matza des Mehlopfers benötigt eine Heilige Stelle, da sie keine Hefe enthält. Hefe ist das Symbol des bösen Triebes, wie das Rabbi Alexandri sagte (B.T. Berachot 17a): „Wir möchten Deinen Willen wohl umsetzen, aber die Hefe im Teig hält uns davon zurück“. Die Hefe ist ein Symbol unserer Selbstverliebtheit. Ein eingebildeter Mensch kann den Wegen G“ttes nicht richtig nachkommen. „Das Mehlopfer ist allerheiligst, als das Sühneopfer und das Schuldopfer“ (Lev. 6:10). Jemand, der ein Tier opfert, opfert G“tt symbolisch den tierischen Trieb. Dieses entfällt beim pflanzenartigen Mehlopfer, aber die Tatsache, dass sich keine Hefe darin befindet, deutet auf Demut und Bescheidenheit.

 

Physischer Expansionstrieb ist hier auf Erden unverzichtbar

Jedoch mussten manche Mehlopfer wohl aus Brot bestehen. Die zwei Brote, die man zu Schawu’ot (Wochenfest) erbrachte, waren gerade aus Chamejtz.

Denn auch der böse Trieb hat in dieser Welt eine wichtige Aufgabe. Ohne das triebhafte Leben des Menschen würde man die Thora in dieser Welt nicht MEHR benötigen als in den höheren, spirituellen Welten. Mosche hatte die Engel davon überzeugen können, uns die Thora zu überlassen, da die Thora im Himmel wenig bedeuten kann. Die Engel haben keinen bösen Trieb (B.T. Schabbat 89a). Ein physischer Expansionsdrang ist hier auf Erden jedoch unverzichtbar. Ohne diese würde niemand ein Haus bauen, heiraten oder Kinder bekommen.

 

Auch den bösen Trieb in der Religion mit einschalten

Es ist möglich, auch den bösen Trieb in der Religion mit ein zu schalten. Solange das G“ttesdienliche Empfinden noch die Oberhand hat, brauchen wir nicht zu befürchten, dass der böse Drang uns Streiche spielt. Die Thora ist immerhin kräftig genug, um als spirituelle Medizin zu fungieren, wenn der Geist zu entgleisen droht. Die Thora wird ein kräftiges Gesundungsmittel genannt und ist im Stande, alle irdischen Begierden in gute Bahne zu lenken. Deshalb musste das Mehlopfer auch aus Chamejtz sein. Nur Matza – Demut – genügt auch nicht.

 

Author: © Oberrabbiner Raphael Evers | Raawi Jüdisches Magazin