Rabbiner Chaim Kanievsky זצ׳׳ל lernte kontinuierlich Tora

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Überlegungen nach den sieben Tagen von Schiwwe von Rav Chaim Kanievsky זצ׳׳ל

Am vergangenen Sonntag begleitete die Polizei mit 3.000 Beamten die Lewaja (Beerdigung) des größten Jüdischen Gelehrten unserer Zeit, Rabbi Chaim Kanievsky, der am Freitag 18. März im Alter von 94 Jahren verstarb, von seinem Haus in der Raschbam-Straße zum Friedhof Zichron Meir in Bnei Berak.

Alle Jeschiwot (Talmudschulen) wurden geschlossen. Alle Geschäfte in Bnei Berak ebenfalls. Die Stadt war seit 7 Uhr morgens geschlossen, und der Polizei gelang es zeitweise kaum, die Menschenmassen unter Kontrolle zu halten. Zur Beerdigung von Reb Chaim, der als ungekröntes Oberhaupt der „charedischen“ Welt, der Ultra-Orthodoxie, galt, waren schätzungsweise etwa 750.000 Menschen aus den unterschiedlichsten Regionen gekommen.

Er wurde 1928 in Pinsk als Sohn des „Steipler“ geboren, der ebenfalls ein weltbekannter charedischer Anführer war. In seiner Jugend war er als ein „iluj“ bekannt, ein Wunderkind mit einem fotografischen Gedächtnis.

Reb Chaim wurde regelmäßig aus der ganzen Welt zu allen möglichen Fragen der Halacha (jüdisches Gesetz) und der Haschkafa (weltanschauliche Fragen) konsultiert und traf kühne Entscheidungen. Im Jahr 2017 entschied er, dass Kindesmissbrauch bei den zuständigen Behörden gemeldet werden sollte. Während der Corona-Krise beschloss er – nachdem er alle möglichen medizinischen Experten konsultiert hatte -, dass alle Kinder ab dem fünften Lebensjahr geimpft werden sollten. Er hat Dutzende von Büchern geschrieben, die ich persönlich bei ihm gekauft habe.

Jeden Tag empfing er Dutzende von Menschen für eine Beracha (Segen) oder ein persönliches Gespräch. Seine Entscheidungen waren in der Regel sehr kurz: koscher, treife, ‚vielleicht‘ oder ‚besser nicht‘.

 

Foto: © Eli Etkin

 

Mit der Europäischen Rabbiner-Konferenz haben wir ihn erst 2018 besucht und er nahm das mein niederländische Responsa Werk Waschav Warafa in Empfang.

Seine Beerdigung fand nicht am Freitagnachmittag oder Samstagabend statt, sondern erst am Sonntag um 11 Uhr, um seiner Familie und seinen Schülern die Möglichkeit zu geben, sich in einer bekowete (ehrwürdige) Weise von ihm zu verabschieden. Mit dem Debakel von Meron noch frisch im Gedächtnis, betonten die Rabbiner von allen Seiten, dass kein Gedränge um die Bahre oder in der Prozession herrschen durfte und dass Kinder, die zu jung waren, zu Hause bleiben sollten. Dennoch kam es zu einem großen Gedränge um den Leichenwagen.

 

Viele halachische Fragen

Es ergaben sich viele Fragen: Sollten nur die unmittelbaren Familienmitglieder oder auch alle seine vielen tausend Schüler eine „Keria“, einen Riss in den Kragen und Revers des Mantels, machen? Der aschkenasische Rabbiner Moshe Isserles (16. Jahrhundert) beschloss, dass Aschkenasim keine Keria machen – und so wurde es zum Westlichen Brauch. Aber viele große Gelehrte sind anderer Meinung, und es ist bekannt, dass viele trotzdem eine Keria gemacht haben, weil Reb Chaim der ‚gedol hador‘ war, der größte aller jüdischen Gelehrten.

Wenn man auf den Leichenzug trifft, muss man mindestens zwei Meter mit ihm gehen, aber es ist üblich, so weit wie möglich mit ihm zu gehen und zu warten, bis die Bahre mit ihren Begleitern außer Sichtweite ist.

Wenn man nicht in der Lage ist, an der Lewaja teilzunehmen, lernt man etwas oder davvent (betet) für sein Seelenheil und gibt Tzedaka (Wohltätigkeit) zu Ehren des Verstorbenen. Es ist bemerkenswert, dass nach der Halacha (jüdischem Recht) die Teilnahme an der Prozession wichtiger als die Beerdigung selbst ist. Der Hauptzweck bestand darin, Reb Chaim zu ehren. Bei der Prozession schweigt man und sagt nur das Nötigste. Bei der Beerdigung sprachen viele prominente Rabbiner, darunter auch sein Schwager Rabbi Jitschak Silberstein.

 

Autor: Oberrabbiner Raphael Evers 

Foto: © Eli Etkin