Jüdische Gemeinde in Hamburg feiert historische Einweihung des Betty-Heine- Saals als Betsaal der Reformsynagoge in Hamburg

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Betty-Heine-Saal, Ort jüdischer Tradition und Vielfalt auf St. Pauli – feierlicher Eröffnungsgottesdienst im Beisein von Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit

 

Jüdische Gemeinde in Hamburg feiert historische Einweihung des Betty-Heine-Saals als Betsaal der Reformsynagoge in Hamburg Hamburg, 1. September 2023. Ein bedeutsames Kapitel jüdischer Geschichte der Gegenwart wird in Hamburg neu aufgeschlagen, wenn die Jüdische Gemeinde in Hamburg (JGHH) heute den Betty-Heine-Saal offiziell einweiht. Die Synagoge, einstiger Betsaal des ehemaligen Israelitischen Krankenhauses auf St. Pauli, ist von nun an das neue Interims-Zuhause der Reformsynagoge. Bis die Einheitsgemeinde gemeinsam mit allen Angeboten in die neuen Gebäude der Bornplatzsynagoge einziehen kann, wird der Betty-Heine-Saal zum festen Betsaal der Reformsynagoge. Die feierliche Zeremonie eines festlichen Kabbalat Schabbat Gottesdienstes zur Einweihung markiert ein bemerkenswertes Ereignis, 84 Jahre nach dem letzten jüdischen Gottesdienst in diesem geschichtsträchtigen Gebäude im Stadtteil St. Pauli. Neben zahlreichen Honoratioren wird auch Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit bei der Eröffnungszeremonie zugegen sein.

Im August 1939 leitete Oberrabbiner Joseph Carlebach in der Synagoge des Israelitischen Krankenhauses den letzten Gottesdienst, bevor mit der Shoa Vernichtung und Enteignung sich auch in Hamburg fortsetzen, an deren Ende Deportationen und Massenmord standen.

Das Gebäude, ursprünglich 1841 von Salomon Heine, einem Hamburger Kaufmann und Mäzen, gestiftet, hatte ehedem nicht nur die medizinische Versorgung der Hamburger Jüdinnen und Juden verbessert, sondern war auch zu einem Ort der Zusammenkunft für Menschen verschiedener Konfessionen geworden. Es stand allen Patientinnen und Patienten offen und bot Hilfe für diejenigen, die sich keine medizinische Versorgung leisten konnten – ein Novum in der Hamburger Sozialgeschichte.

Nun wird der Betty-Heine-Saal nicht nur als religiöser Ort revitalisiert, sondern auch als ein Standort, der die Tradition des Gebäudes würdigt und weiterträgt. Der Stellenwert der Feierlichkeiten wird durch einen neuen Tora-Schrank und die Schenkung einer weiteren Tora-Rolle für die Reformsynagoge unterstrichen. Die historische Bedeutung des Betty-Heine-Saals wird durch die Einweihung wieder aufgegriffen und fortgesetzt.

Michael Heimann von der Kultuskommission der Reformsynagoge betont: „Dass der Hamburger Oberrabbiner Carlebach den letzten Gottesdienst im Betty-Heine-Saal des Israelitischen Krankenhauses feierte, verstehen wir heute als Auftrag, an die ehrwürdige Geschichte der Hamburger Jüdischen Gemeinde anzuknüpfen und diese als moderne jüdische Gemeinde in die Zukunft zu führen.“

 

Stefanie Szczupak vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde in Hamburg fügt hinzu:

„Wir freuen uns, nach so vielen Jahren wieder Teil der vielfältigen Gesellschaft im Stadtteil St. Pauli zu werden. Die Reformsynagoge ist Teil der Jüdischen Gemeinde in Hamburg, die für ein pluralistisches Judentum steht. Die Reformsynagoge ist damit eines von vielen sichtbaren Zeichen für die Diversität innerhalb der Jüdischen Gemeinde in Hamburg als Einheitsgemeinde.“

 

Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin Hamburgs und als Senatorin zuständig für das jüdische Leben in Hamburg:

„Mit dem Einzug in den Betty-Heine-Saal bekommt die Reformsynagoge nun einen eigenen Betsaal und damit ein festes Zuhause, bis die Jüdische Gemeinde in die Gebäude der neuen Bornplatzsynagoge einzieht. Die historische Bedeutung des Betty-Heine-Saals zeigt, wie eng die Geschichte unserer Stadt mit jüdischem Leben verbunden ist. Deshalb freue ich mich sehr, dass mit dem heutigen Tag die Sichtbarkeit der Gemeinde und die Vielfalt jüdischen Lebens in unserer Stadt gestärkt werden.“

 

Carola Veit, Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft:

„Ich freue mich, dass hier im Betty-Heine-Saal jüdisches Leben in unserer Stadt sichtbar und präsent sein wird. Es ist ein geschichtsträchtiger Ort und zugleich ein Übergang, der in die Zukunft weist. Sobald der Bau der Bornplatzsynagoge endlich realisiert ist, wird es dann im Grindelviertel in unserer Stadt ein neues Zentrum jüdischen Lebens, jüdischer Religion und Kultur geben.“

 

Dr. Gábor Lengyel, Rabbiner der Reformsynagoge der JGHH:

„Obwohl Leo Baeck 1933 erklärte, dass die Geschichte der Juden in Deutschland zu Ende sei, lebt erneut eine zarte Pflanze auch hier im wiedereingeweihten Betty-Heine-Saal. In diesem Sinne begleitet Leo Baeck’s Haltung meine Hoffnung am heutigen Tag:’Verständnis und Ehrfurcht sollen das Wesen des Liberalen Judentums ausmachen‘.“

 

Kiez-Pastor Karl Schultz, St. Joseph auf der Großen Freiheit:

„Mit dem jüdischen Philosophen Martin Buber sage ich: ‚Alles wirkliche Leben ist Begegnung‘- und in diesem Sinne freue ich mich heute auf unsere Begegnung.“

 

Die Jüdische Gemeinde in Hamburg (JGHH) gründete sich 1945 als Rechtsnachfolgerin der Deutsch-Israelitischen Gemeinde zu Hamburg (DIG) und der zur DIG gehörenden Kultusverbände Deutsch-Israelitischer Synagogenverband, Israelitischer Tempelverband (liberal) und Neue Dammtor-Synagoge (konservativ). Sie hat heute ca. 2.300 Mitglieder.

Wie seit 1867 die DIG ist die JGH eine jüdische Einheitsgemeinde. Das heißt, dass sie sowohl orthodoxe als auch liberale Gottesdienste anbietet. Die JGH ist Staatsvertragspartner der Stadt Hamburg und Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihr Vorstand und Beirat werden alle vier Jahre durch Wahlen ermittelt. Die Gemeinde ist auch Trägerin des Joseph-Carlebach Bildungshauses mit Kita, Grundschule und Stadtteilschule. Neben den vielzähligen Aufgaben im religiösen Bereich und der Bildungs-, Familien-, Jugend- und Kulturarbeit haben die Sozialarbeit, das Bestattungswesen und die Pflege des jüdischen Friedhofs in Ohlsdorf, die Seniorenbetreuung und die Arbeit des Sicherheitsteams einen zentralen Stellenwert für die Jüdische Gemeinde in Hamburg.