Am 03. Oktober 2020 feiert Deutschland seine Wiedervereinigung zum 30ten mal. Das ist nicht nur für Deutschland ein Grund zum Feiern, auch die jüdischen Gemeinden haben sich in den letzten Jahren ohne Zweifel entwickelt. Wir haben uns gefragt, wie war das eigentlich mit dem jüdischen Leben in der BRD und in der DDR und wie hat die Wiedervereinigung das jüdische Leben in Deutschland verändert?
Judentum in der BRD
1950 gründeten Sprecher und Ansprechpartner der jüdischen Gemeinden den „Zentralrat der Juden in Deutschland“, welcher die Interessen der Juden in Deutschland vertrat und auch noch immer vertritt. Die Entwicklung der jüdischen Infrastruktur kam aber nur langsam in Fahrt. Selbst in Großstädten wie Hamburg gab es keine koscheren Läden oder Lokale. Für die Beschneidung der Knaben nach ihrer Geburt musste der Mohel aus dem Ausland kommen. Auch die feste Etablierung eines Gemeinderabbiners blieb über 50 Jahre ein Problem. 1979 wurde durch den Zentralrat die Hochschule für jüdische Studien in Heidelberg gegründet, welche allerdings keine Rabbiner ausbildete. Allerdings konnten die neu ausgebildeten Religionslehrer in den neu gegründeten jüdischen Schulen eingesetzt werden.
Auch wenn es in der Bundesrepublik kein lebendiges jüdisches Leben gab, so gab es doch ein lebendiges kulturelles, jüdisches Leben. Ähnliches galt für die jüdische Presselandschaft. Es wurden jüdische Wochenzeitungen gegründet, die sich nur an jüdische Bürger wandten, Klezmer Musik wurde gespielt und das Interesse von Nicht-Juden am jüdischen Alltag stieg an. Langsam begann sich das jüdische Leben zu entfalten und aufzubauen. Bis zur Wiedervereinigung lebten rund 30.000 Juden in der BRD.
Judentum in der DDR
Im Gegensatz zu den circa 30.000 Juden in Westdeutschland gab es 1989 lediglich 350 Juden in der DDR. Vor dem Mauerbau 1961, verließen viele Juden im Zuge der spätstalinistischen antijüdischen Aktionen die DDR. Dazu gehörte zum Beispiel die „Ärzteverschwörung“ in der damaligen Sowjetunion (1953), in welcher die Juden in der DDR der Spionage für den „US-Imperialismus“ verdächtigt wurden. Da die DDR sich als antifaschistischer Staat verstand, weigerte sie, sich Ausgleichszahlungen für erlittenes Unrecht zu leisten oder den durch die Nationalsozialisten enteigneten Besitz jüdischer Bürger zurückzuerstatten. Als die DDR 1987 begann, in die wirtschaftliche Krise zu schlittern, versuchte Regierung mithilfe symbolischer Gesten gegenüber der jüdischen Gemeinden die USA zu wirtschaftlichen Vergünstigungen zu verleiten. Zum ersten Mal gestattet die SED 1987 die Anstellung des amerikanischen Rabbiners Isaac Neuman. Rabbiner Neuman standen sogar ein Dienstwagen, eine Dienstwohnung und eine Hausangestellte zu. Diese gehörte allerdings dem Ministerium für Staatssicherheit an. 1988 wurde im Zusammenhang mit den Gedenkveranstaltungen zum 50. Jahrestag der Pogromnacht die „Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum“ mit dem Ziel gegründet, die Neue Synagoge wiederaufzubauen und ein Zentrum für die Pflege und Bewahrung jüdischer Kultur zu schaffen. Die symbolische Grundsteinlegung dafür fand am 10.November 1988 statt. Die Absicht im Wiederaufbau lag darin, mit dem Gebäude gleichzeitig ein Mahnmal zur ständigen Erinnerung zu erhalten. Heute stellt vor allem die Kuppel der Synagoge ein Wahrzeichen Berlins dar. Das Centrum Judaicum dient als Erinnerungsort jüdischer Geschichte in Berlin.
Judentum in Deutschland seit der Wiedervereinigung
Lediglich acht Gemeinden existierten noch in der DDR zum Zeitpunkt ihrer Auflösung. 1990 schlossen sich diese Gemeinden dem Zentralrat der Juden an. Zu jenem Zeitpunkt entstand auch eine intensive öffentliche Debatte über die Erinnerungskultur der Shoah in Deutschland. Seitdem wurde in Deutschland Synagogen restauriert, jüdische Museen erschaffen oder auch Stolpersteine in Bürgersteige eingelassen. Als aktuelles Beispiel ist dabei die Diskussion um den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge in Hamburg zu nennen. Die jüdische Gesamtbevölkerung in Deutschland wird derzeit auf etwa 225.000 Personen geschätzt. Nach Frankreich und Großbritannien handelt es sich damit um die drittgrößte Community in Europa. Diese Zahl beinhaltet alle Menschen, die in der weitesten Definition als Juden gelten. Somit blüht das jüdische Leben in Deutschland seit der Wiedervereinigung weiter auf. Möge es weiterhin so bleiben.
30 Jahre Wiedervereinigung – darauf ein herzliches MAZAL TOV!
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