Jenny Havemann – Unternehmerin und Mutter sein, während Corona.

Lesezeit: 3 Minuten
Seit die Corona-Krise Europa und westliche Länder wie Israel erreicht hat, hört man immer wieder, welche Chance diese Pandemie für uns habe. Es zeigt sich, dass digitale Bildung möglich und nötig sei, dass Homeoffice eine Alternative für viele Unternehmen sein kann und vieles mehr.
 
 
Doch das sind dürftig wenige Vorteile und Chancen. Auf der anderen Seite der Corona-Medaille sieht es leider sehr schlecht aus. Diese Pandemie hat sehr deutlich gezeigt, welche großen Lücken unsere westlichen Gesellschaften haben. Als Mutter von drei kleinen Kindern, Unternehmerin und Frau habe ich diese Kehrseite sehr deutlich zu spüren bekommen.
 

Da ist zum einen die Sache mit dem digitalen Unterricht.

In Israel gab es auch schon vor Corona ein digitales Tool, ein Spiel, das man im Browser oder als App nutzen kann. Dort kann man außerhalb des Unterrichts etwa Mathematikspiele spielen. Es wurden auch Wettbewerbe zwischen den Schulen veranstaltet, welche Schule und welche Klasse die meisten Punkte bei diesem Mathespiel sammelt. Die Schule verschickt dann E-Mails als Ansporn. Mit Erfolg: Die Klasse von unserem Großen (8) hat letztes Jahr bei diesem Wettbewerb gewonnen.

 
Solche digitalen Angebote für Schulkinder sind sehr wichtig, aber der Zoom Unterricht jeden Tag seit einem halben Jahr hat gezeigt, dass sehr viele, ich würde sogar behaupten, die meisten Kinder damit große Probleme haben. Vor allem Grundschüler können sich nicht stundenlang an einem Bildschirm konzentrieren. Ich kriege aus unserem Umfeld mit, dass sehr viele Kinder frustriert sind und keine Lust mehr auf das Lernen haben, sogar Kinder, die sonst gerne lernen.
 
 
Frustriert sind nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern, vor allem die Mütter. Sogar in einem emanzipierten Haushalt wie unserem haben sich die Rollen durch Corona verschoben. Mein Mann arbeitet im Hightech und hat eine wichtige Position als Produkt Manager. Von ihm wird erwartet, dass er seine Arbeit wie gewohnt macht. Natürlich ist es ein Glück, dass er trotz Corona einen Job hat und arbeiten kann. Doch wie bei sehr vielen Familien mit kleinen Kindern stellt sich die Frage, wer kümmert sich den ganzen Tag um die Kinder?
Als selbstständige Unternehmerin habe ich mir dann die Vormittage freigehalten und mit den Kindern gelernt. Nachmittags habe ich dann gearbeitet, allerdings nicht mal annähernd so viel, wie ich sollte. Darunter hat mein Unternehmen natürlich gelitten. Abends war ich dann nach einem ganzen Tag mit drei Kindern und Haushalt so fertig, dass ich nicht in der Lage war, mich noch auf intellektuelle Arbeit zu konzentrieren. Ab 17 Uhr hat mein Mann dann das Zepter von Kindern und Haushalt übernommen, doch bei mir war die Puste fast raus für den Tag.

So ging es den meisten Müttern, die ich kenne. Egal ob sie selbstständig sind oder einen Job haben, sind wir Mütter am Ende diejenigen, die unter dieser Krise am meisten leiden.

Nicht zu vergessen ist der allgemeine wirtschaftliche Zustand des Landes in Folge der Pandemie. Die meisten Länder werden große Probleme haben, die Folgen der Lockdowns zu verkraften. Viele Firmen und Unternehmen sind pleite oder werden pleite gehen.

Mir sind vor allem zwei Dinge während der Lockdowns klar geworden: Erstens: Unternehmerinnen genau wie Vollzeit arbeitende Frauen, die Kinder haben, brauchen Bildung und Betreuung für ihre Kinder, die nicht nur digital funktioniert, und Frauen sind noch sehr weit entfernt von beruflicher Gleichberechtigung.

 

© Foto: Michal Sela