Mazal tov Esther Bejanaro! Die Geschichte einer Kämpferin

Esther Bejanaro
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Wir gratulieren herzlich zum Geburtstag, liebe Esther Bejarano! Die in Saarlouis als Tochter eines Kantors geborene Esther Loewy wird heute 96 Jahre alt. Gemeinsam mit Anita Lasker – Wallfisch spielte sie im Mädchenorchester von Auschwitz. Da es dort kein Klavier gab, spielte Loewy das Akkordeon.

 

Ohne jemals ein solches Instrument in der Hand gehabt zu haben, spielte sie auf Anhieb beim Vorspielen den Schlager „Bel Ami“. Esther Loewy gehörte zur ersten Besetzung mit unter anderem Hilde Grünberg und Sylvia Wagenberg unter der ersten Dirigentin Zofia Czajkowska sowie unter Alma Rosé. Das Orchester musste u. a. zum täglichen Marsch der Arbeitskolonnen durch das Lagertor spielen. Für Esther Loewy bedeutete das Orchester Verschonung von der Zwangsarbeit sowie eine bessere Versorgung mit Essen und Kleidung.

 

Esther Loewy erkrankte anschließend an Bauchtyphus und wurde auf die Krankenstation verlegt. Auf Bestreben des SS-Hauptscharführers Otto Moll wurde sie in die christliche Krankenstation verlegt, wo sie eine bessere Versorgung erhielt und wieder gesundete. Als sie nach vier Wochen zurückkam, war ihr Platz als Akkordeonspielerin jedoch belegt, so wechselte sie an die Blockflöte. Sie erkrankte kurz darauf an Keuchhusten und anschließend an Avitaminose. Nach einem halben Jahr im Orchester wurden Juden mit „arischem Blut“ in Auschwitz gesucht, Loewy meldete sich und wurde als „Viertelarisch“ anerkannt. Sie wurde zusammen mit etwa 70 anderen Frauen im November 1943 ins KZ Ravensbrück verlegt.

Befreiung und Auswanderung

Als die Alliierten immer näher rückten, war Loewy gezwungen, an den berüchtigten Todesmärschen von KZ-Häftlingen teilzunehmen. Von Ravensbrück ging es zum KZ-Außenlager Malchow und dann weiter von der Front weg. Zwischen Karow und Plau am See konnte sie zusammen mit Freundinnen fliehen. Am 3. Mai 1945 erlebte sie in Lübz die Befreiung durch die US-amerikanische Truppen. Dann kam sie nach Lüneburg in ein Displaced Persons Camp und suchte nach Möglichkeiten, aus Deutschland auszureisen. Der Weg führte sie zunächst nach Bergen-Belsen, wo sie auch erfuhr, dass ihre Eltern ermordet worden waren. Lebende Verwandte konnte sie in Deutschland nicht finden. Zusammen mit Freundinnen trampte sie nach Frankfurt am Main und recherchierte dort die Adresse ihres Bruders, der in der US-amerikanischen Armee gekämpft hatte, verwundet worden war und nun in den Vereinigten Staaten lebte. Ihre Schwester Tosca hatte ebenfalls den Krieg überlebt und war in Palästina ansässig. So entschloss sie sich zur Ausreise nach Israel.

 

Umzug nach Hamburg

Nachdem sie den Militärdienst absolviert, geheiratet und eine Familie gegründet hatte, beschloss Frau Bejanaro Israel wieder zu verlassen. Am 01. Juni 1960 reiste die Familie in Deutschland ein und ließ sich in Hamburg nieder. Esther Bejanaro eröffnete zunächst eine Boutique. Sie begann sich auch politisch zu engagieren. Esther begann ihre eigene Geschichte zu erforschen und ihr Leben zu dokumentieren. Außerdem schloss sie sich der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten an, deren Ehrenvorsitzende sie 2008 wurde. In den 1980ern begann sie sich intensiver zu engagieren. So trat sie im September 1982 als eine der zweihundert Künstler für den Frieden im Ruhrstadion auf. Unter anderem Harry Belafonte beteiligte sich an diesem Konzert. Neben ihm ist sie auf einem Foto der LP-Version zu sehen. Weitere Künstler waren Hannes Wader, Udo Lindenberg und Franz-Josef Degenhardt. Auf der Doppel-LP ist sie mit dem jiddischen Lied Dos Kelbl zu hören sowie zusammen mit Donata Höffer und Eva Mattes mit den Stücken Sog nischt kejnmal und Lied von der Soija, bei Letzterem zusätzlich mit Angela Winkler. 1986 gründete Esther Bejarano das Auschwitz-Komitee, das sich jeden Samstag in ihrer Wohnung traf. Das Komitee organisiert Bildungsreisen in Konzentrationslager, Zeitzeugengespräche in Schulen und Veranstaltungen gegen das Vergessen. Esther Bejarano hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, gegen den Faschismus zu kämpfen. Vor einem Jahr wurde sie dafür mit der Hamburger Ehrengedenkmünze in Gold geehrt.

 

Wir von Raawi – Jüdisches Magazin wünschen ein herzliches MAZAL TOV!!!

 

 

 

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