Haftara: „Erhebet Eure Augen zur Himmelshöhe“

Lesezeit: 4 Minuten

Im letzten Passuk, Satz der Haftara, steht: „Se’u marom enejchem – erhebet Eure Augen zur Himmelshöhe“. Traditionelle wird dieses als ein „Anfangsbuchstabenwort“ betrachtet – eine Aneinanderreihung der Anfangsbuchstaben Schin Memm Ajin – für Schema, unserem monotheistischen Glauensbekentnis.

 

wir nichts von Seinem Wesen begreifen

Das Schema kann auch als eine Abkürzung von Initialen von „Se’u Marom Enejchem – erhebe Deine Augen zum Himmel, um zu begreifen, dass es außerhalb des G“ttlichen Wesens, das de Himmel umspannt, nichts gibt, – verstanden werden. Den Allmächtigen nennen wir HaSchem, der Name. Obwohl wir nichts von Seinem Wesen begreifen, ist ER EINS.

 

Schacharit, Mincha, Arwit

Das Schema ist ebenfalls eine Abkürzung der Initialen der drei täglichen Gebete: Schacharit, Mincha, Arwit, das Morgen-, Mittag- und Abendgebet. Dieses sind die besten Zeiten, um uns auf höhere Ziele zu konzentrieren.

 

ol malchut schamajim

Auf wem sollten wir uns konzentrieren? Auf den Allmächtigen, den höchsten König, Schad-daj Melech Eljon (die Initialen vom Schema). Wir akzeptieren das Himmlische Joch – ol malchut schamajim. Die Initialen von ol malchut schamajim sind, in umgekehrter Rangordnung, wiederum: Schema. Schema bedeutet nicht nur (zu)hören, sondern auch verstehen, akzeptieren, gut überdenken, sich konzentrieren.

 

Ej-l Melech Ne’eman

 

Vor dem Rezitieren vom Schema spricht man Ej-l Melech Ne’eman. Das bedeutet: „G“tt ist ein zuverlässiger König“. Diese Wörter werden dem Schema hinzu gefügt, da das Schema insgesamt 245 Wörter hat. Zusammen mit diesen drei extra Wörtern zählt das Schema 248 Wörter, die Anzahl, die genau der Anzahl der Glieder im menschlichen Körper und der Anzahl der Gebote in der Thora entspricht. Unser Dasein ist nur dadurch möglich, indem wir die Gebote der Thora akzeptieren und praktizieren.

 

genau der Anzahl der Glieder im menschlichen Körper

Laut dem Midrasch Tanchuma hat das Schema auch eine beschützende Funktion: „Wenn man das Schema mit 248 Wörtern mit wirklicher Andacht liest, wird G“tt jedes Organ bewachen. Du beachtest Meine Worte, dann werde ICH auch Dein gesamtes körperliches Wohlsein bewachen“. Laut Andere sollte man in Ej-l Melech Ne’eman lesen: „HaSchem war G“tt vor der Schöpfung, ist König über die Schöpfung und ist zuverlässig, die Tote in der Zeit der Messianischen Erlösung wieder zu beleben“.

 

 1-8-4

„G“tt ist EINS“ bedeutet, dass es niemand außer IHN gibt und dass zudem SEIN Bestehen einzig ist. Beim Aussprechen des Wortes Echad sollte man den Buchstaben E nicht ausdehnen: das Alef steht für EINS und stellt die EINMALIGKEIT G“ttes dar. Beim länger gezogenen Aussprechen des Chet (Zahlenwert 8) denkt man daran, dass G“tt über die Erde und den sieben Himmeln herrscht. Beim Aussprechen des Dallet (Zahlenwert vier) sollten wir bedenken, dass G“tt der Herr und Meister in den vier Windrichtungen ist. Das große Ajin im Wort Schema deutet an, dass es eine gute Sache in unseren Augen (ajin=Auge) sei, diese weit zu öffnen und diese erhabene Materie zu uns zu nehmen.

 

besondere Stellung des Jüdischen Volkes und die letztendliche Erlösung

Weiterhin besagt Jesaja, dass von G“tt keine körperlichen Vorstellungen gemacht werden dürfen und wir nichts außerhalb von IHM dienen dürfen, was sich auch wie ein roter Faden durch die Parascha zieht. Auch die besondere Stellung des Jüdischen Volkes und die letztendliche Erlösung zu Zeiten des Maschiach sind Themen, die in der Haftara zur Sprache kommen.

 

Die Hoffnung auf das 7. Millenium

Die Zahl 7 ist wichtig. Sie symbolisiert unsere Hoffnung auf das 7. Millenium (Jahrtausend), den Zeitraum des Maschiach, und sie vertritt alle wichtigen „sieben“, Zahlen von 7 in der Thora, wie den 7. Tag, den Schabbat, den 7. Monat Tischri, der voller Weihe ist, das 7. Jahr Schmitta (das Sabbatical-Jahr) und das 7×7+1= das 50. Jahr, das Jowejl oder Jubeljahr, in dem alle Ländereien zu ihren ursprünglichen Besitzern/Eigentümern zurück kehren und alle Sklaven frei gelassen werden.

 

Kibbuts galujot – die Einsammlung der Jüdischen Exilanten

Die Sieben ist ebenfalls die Zahl der 7 direkten Familienmitglieder – Vater, Mutter, Söhne, Töchter, Brüder, Schwestern und Dein(e) Partner/in. Das Jüdische Volk wird als eine „verlassene Königin“ dargestellt. Nach und nach kehren alle Familienmitglieder zurück. Die Krönung bildet die Rückkehr ihres Mannes, des Königs, G“tt als der Wahre, was symbolisch die Krönung der Vereinigung G“ttes mit dem Jüdischen Volk bildet. So feiern wir die Einsammlung der Exilanten in der nahenden Messianischen Zeit. Die Einsammlung oder Zusammenführung der Jüdischen Exilanten nach Israel ist in der Zwischenzeit deutlich im Gange.

 

7 Trostprophezeiungen

Diese Woche starten wir mit 7 Trostprophezeiungen, die allesamt im 2. Teil des Buches Jesaja stehen: „Trost, Trost Meinem Volke“. Den Hauptinhalt bildet der Trost.

 

Author: Oberrabbiner Raphael Evers | Raawi Jüdisches Magazin

Foto: Painting of Isaiah & Angle Raphael | © Antonio Balestra