Alexander Kaganovsky: Von Charkiw nach Hamburg

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Wie sehr waren Sie in der Jüdischen Gemeinde in Charkiw eingebunden?
Ich habe das Privileg seit 1993 Vorstand der Jüdischen Gemeinde von Charkiw zu sein. Und schon vorher habe ich in unserem jüdischen Camp „Gan Isroel“ gearbeitet. So beteiligte ich mich am Aufbau unserer Gemeinde zusammen mit ihrem geistlichen Oberhaupt Rabbi Moishe Moskovitz, der 1990 mit seiner Frau Miriam und seinem Sohn Menachem Mendl nach Charkiv kam. Unsere Gemeinde hat ziemlich schwere Zeiten durchgemacht, aber jetzt ist sie eine der dynamischsten und erfolgreichsten jüdischen Gemeinden der Ukraine. Wir haben alle notwendige Infrastruktur: Jüdische Schule, Kindergarten, Klassen für verschiedene Altersgruppen, koscherer Laden, koschere Küche, humanitäres und medizinisches Programm, Übernachtungs- und Tagescamps „Gan Isroel“ und die Zeitung „Geulah“ mit zahlreichen Lesern (ich bin der Chefredakteur). Wir arrangieren große Feiern an jüdischen Feiertagen. Hunderte von Menschen nehmen an unserem gemeinsamen Sdorim an Pessach teil. Jedes Jahr feiern wir Purim im Charkiw-Zirkus für zweitausend Personen. Vor zwanzig Jahren haben wir die Renovierung der Charkiw Choral Synagoge, der zweitgrößten Synagoge Europas, abgeschlossen. Ich schreibe über alles im Präsens, weil ich glaube, dass der Krieg in der Ukraine enden wird und all diese Dinge sogar auf einer höheren Ebene weitergehen werden. Auf die eine oder andere Weise fühle ich mich privilegiert, Teil dieser Programme zu sein. Aber der Hauptverdienst bei diesen Errungenschaften gebührt den Abgesandten vom Lubawitscher Rebbe, Rabbiner Moishe Moskovitz, Rabbi Leve Raices und Rabbiner Chaim Levinson, der seit fast dreißig Jahren in Charkiw arbeitet, und unseren Spendern, sowohl aus Charkiw als auch aus der ganzen Welt.

 

Foto: © Chabad Lubawitsch Hamburg e.V.

 

Stehen Sie weiterhin in Kontakt mit Ihrer Gemeinde?
Ich halte Kontakt zu unseren Gemeindemitgliedern, unseren Rabbinern.
Unsere größte Errungenschaft ist die Atmosphäre der Liebe. Wir sind wirklich eine Familie. Obwohl viele von uns jetzt weit weg von Charkiw sind, sind wir immer noch zusammen und freuen uns auf das „Familientreffen“.

Wissen Sie, wie es den Mitgliedern, die noch in Charkiw sind, jetzt geht?
Viele Gemeindemitglieder in Charkiw sind echte Helden. Sie leben in der jeden Tag bombardierten Stadt, helfen aber anderen. Sie liefern Lebensmittel und Medikamente an Bedürftige und helfen bei der Evakuierung von Menschen.
Sie ermutigen sie. Jeden Tag wird in unserer Synagoge gebetet. Unser Oberrabbiner Moishe
Moskovitz ist wieder in der Stadt (er kam zweimal zurück). Das jüdische Leben in Charkiw geht allen Widrigkeiten zum Trotz weiter. Selbst dieser schreckliche Krieg hat das Feuer der Yidishkeit in unserer Stadt und in unseren Herzen nicht gelöscht.

Wurden Gebäude der Gemeinde durch den Krieg zerstört?
An einem der ersten Tage der Bombardierung wurde das Glas in den Fenstern der Synagoge durch die Druckwelle zerbrochen. Das Gebäude unserer Yeshiva ktana (Chebotarskaya-Synagoge) wurde durch russische Raketen beschädigt.

Wie wurden Sie hier in Hamburg von der Jüdischen Gemeinde aufgenommen?
Wir fühlen uns hier wie liebe Gäste.
Landesrabbiner Slomo Bistritzky schenkt uns sehr viel Aufmerksamkeit und hilft viel. Die Atmosphäre in der Synagoge ist warm und freundlich. Mitarbeiter der Jüdischen Gemeinde helfen uns mit Dokumenten. Es ist sehr wichtig, weil wir die Gesetze des Landes und die deutsche Sprache nicht kennen. Die Gemeinde versorgt uns mit ausgezeichneter Verpflegung. Aber natürlich „ein Haus ist kein Zuhause“.
Heimweh haben wir alle, aber die Jüdische Gemeinde Hamburg ist daran nicht schuld.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Ich hatte Pläne bis zum 24. Februar. Die folgenden Ereignisse waren und sind völlig unvorhersehbar. Sie sagen, wenn Sie G-tt zum Lachen bringen wollen, erzählen Sie Ihm von Ihren Plänen. Aber ich hoffe, dass ich, solange ich in Hamburg bin, der jüdischen Gemeinde irgendwie helfen kann. Der Jüdischen Gemeinde Hamburg gilt mein tiefster Dank und aufrichtiger Segen.

 

© Jüdisches Hamburg | Nr. 26