Zum Internationalen Frauentag: Sidonie Werner (1860- 1932), Hamburger Frauenrechtlerin

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Sidonie Werner entstammte einer angesehenen jüdischen Gelehrtenfamilie.

Sie wurde 1860 in der Nähe von Posen geboren. Nach dem Besuch der höheren Mädchenschule, studierte sie am Lehrerinnenseminar und arbeitete als Volksschullehrerin zuerst in Altona, später in Hamburg. Sie wohnte hier in der Husumer Straße 1, wo sie 1932 verstarb. Sidonie Werner blieb unverheiratet.

Getreu ihrem Leitspruch: „Gesegnet, wer seine Arbeit gefunden.“ erkannte Sidonie Werner, dass „der Segen der Arbeit aus einem einsamen Leben ein reiches, beschwingtes, weitblickendes Leben „macht. Deswegen hielt sie Berufsausbildungen für Mädchen, die sich nicht nur auf karitative Aufgaben beschränken sollten, für unerlässlich. Sie trat auch dafür ein, dass Frauen verstärkt politischen Einfluss bekämen.

Neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin arbeitete Sidonie Werner deshalb aktiv in der bürgerlichen Frauenbewegung.

So gehörte sie 1893, nachdem sie bei der Überwindung der Hamburger Cholera-Epidemie von 1892 geholfen hatte, zu den Mitbegründerinnen des Israelitisch-Humanitären Frauenvereins (IHF), der einen Schwerpunkt seiner Arbeit in der Förderung von Frauenbildung, Frauenberuf und sozialer Frauenarbeit sah. Von 1908 bis 1932 war sie dessen Vorsitzende.

Der Verein schuf eine Ausbildungs- und Arbeitsstätte für Frauen und Mädchen mit Mittagstisch, einen Arbeitsnachweis für weibliche kaufmännische Angestellte und ein Kindererholungsheim in Bad Segeberg, das nach ihr benannt war, und dem eine Haushaltungsschule mit Gartenbetrieb in der dortigen Bismarckstraße angeschlossen war. Heute ist dort ein Kunsthaus beherbergt. Sidonie Werner schrieb für diesen Verein die erste Flugschrift über das Frauenwahlrecht.

 

Zum Internationalen Frauentag: Sidonie Werner Sidonie Werner (1860- 1932), Hamburger Frauenrechtlerin
Die Vorgeschichte der Villa Flath beginnt 1908, als Sidonie Werner für sich und gleichgesinnte Jüdinnen hier ein Sommer-Domizil und fand. | Foto: © Segeberger Kunstverein e. V.

 

Als der Erste Weltkrieg begann, schloss sich der IHF dem Frauenausschuss der Hamburgischen Kriegshilfe an. 1915 war Sidonie Werner Gründungsmitglied des Stadtbundes hamburgischer Frauenvereine, dessen stellvertretende Vorsitzende sie wurde. Emma Ender wurde ihre Vorstandskollegin. Außerdem erhielt Sidonie Werner den Vorsitz im Vereinsheim für jüdische Mädchen.

1919 wurde Sidonie Werner auf die Kandidatenliste der DDP (Deutsche Demokratische Partei) zur Bürgerschaftswahl aufgestellt, erhielt allerdings nur den aussichtslosen Listenplatz 76, woraufhin sie der SPD beitrat.

1904 gründeten Bertha Pappenheim und Sidonie Werner den Jüdischen Frauenbund (JFB). Bertha Pappenheim wurde Erste Vorsitzende und Sidonie Werner ihre Stellvertreterin. Von 1915-1925 hatte Werner den Vorsitz inne. Ziele des JFB waren: Bekämpfung des Antisemitismus, Stärkung jüdischen Gemeinschaftsgefühls, die Verbesserung der Situation arbeitender Frauen und Mädchen, sowie ihrer Ausbildungsmöglichkeiten, dazu die Bekämpfung des Menschenhandels, insbesondere jüdischer Frauen aus Osteuropa. Sidonie Werner wandte sich gegen die Ansicht, der Mädchenhandel ließe sich verhindern, wenn jüdische Mädchen eine Aussteuer erhielten. Sie sah darin eine Abwertung des weiblichen Geschlechts. Wichtiger sei für jüdische Frauen ihre Berufsausbildung. Zu dem warb sie in einem Referat bereits 1907 für die Aufhebung der Doppelmoral: „Auch unsere Söhne sind zur Keuschheit zu erziehen, nicht nur die Töchter.“  Der Jüdische Frauenbund eröffnete 1927 in Wyk auf Föhr ein Heim, in dem insbesondere tuberkulosegefährdete, jüdische Großstadtkinder Erholung finden sollten. In der Feldstraße bestand gleichzeitig das private Heim “Haus Weinberg”.

 

Die Entwicklung des Jüdischen Frauenbundes als Baum gezeichnet, ca. 1934

 

Im Nachruf auf sie stand im „Hamburger Anzeiger“: „Nicht nur Sidonie Werners soziales Engagement, sondern auch ihre Verdienste für ihr Vaterland Deutschland sollen hier gewürdigt werden: Sie wollte nicht nur den Armen und Bedürftigen helfen, sie wollte auch die Wohlhabenden befreien von dem seelischen Individualismus, wollte sie hinführen zum Wirken für die Gemeinschaft.   Es würde aber ein wichtiger Zug ihres Wirkens fehlen, wollten wir nicht auch ihrer starken seelischen Verbundenheit mit deutscher Kultur gedenken.“

 

 

Sidonie Werner
Das Grab Sidonie Werners befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof Ohlsdorf (Ilandkoppel), Planquadrat L 1, 2.
Foto: © @JFOhlsdorf

 

 

Author: ©  Michael Nüssen | Raawi Jüdisches Magazin