Bo: DIE ABGÖTTEREI IN ÄGYPTEN UND DER ATHEISMUS HEUTZUTAGE

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DIE ABGÖTTEREI IN ÄGYPTEN UND DER ATHEISMUS HEUTZUTAGE

Meinungsumfragen und Forschungsarbeiten zum Thema Religion in Deutschland zeigen interessante Ergebnisse auf. Während vielen Menschen, in den „alten Bundesländern“ überwiegend an ihrer Glaubensgemeinschaft festhalten, mehr oder weniger G“ttesdienste besuchen oder zu Hause religiöse Werte leben, sehnen sich andere oft nach Werten, die „ihre“ Religionen vermitteln. Es scheint aber auch so zu sein, dass die Jugendlichen mit hergebrachten religiösen Wurzeln oft versuchen, ihre Kollegen oder Altersgenossen mit religiösen Werten vertraut zu machen. Also eine Rückkehr zu Religion und Rückzug von Glaubensablehnung?

 

wir stellen uns selbst in den Mittelpunkt unseres Interesses

Der Hintergrund der Loslösung vom Glauben ist in der Tatsache begründet, dass wir heutzutage uns selbst in den Mittelpunkt unseres Interesses stellen. Der Mensch ist das Maß der Dinge geworden. Facebook und andere social Media, sowie die „Moderneren Mutationen“ schienen eine wichtige Rolle zu spielen. Dort kannst Du ohne Deine Familie und Umfeld ganz Du selbst sein. Deine eigene Einzigartigkeit zu betonen ist die Norm heutzutage. Es gibt selbstverständlich viele „schwebende Gläubige“, aber die alten Institutionen und Regeln sagen ihnen nicht mehr viel. Man versucht, seinen eigenen Weg zu finden.

„Ich kenne G“tt nicht“ 

„Es gibt nichts Neues unter der Sonne“ (Prediger). Was das religiöse Umfeld betrifft, sind wir heutzutage nicht viel weiter als vor 3400 Jahre im alten Ägypten. Die ägyptische „Erfahrung“, der Dreh- und Angelpunkt aller späteren geistigen Gruppen- und Menschenansammlungen, haben wir noch immer. In Ägypten herrschte der Pharao, der erklärte (Schmot/Exodus 5:2): „Ich kenne G“tt nicht“. Er konnte und wollte vom tatsächlichen Bestehen G“ttes nichts wissen. Jeder in seinem Umfeld war sich diesbezüglich mit ihm einig.

 

G“tt schuf den Menschen 

Worin unterscheidet sich die moderne Betrachtung des Jüdischen? Im Jüdischen Denken dreht sich alles um den G“ttesgedanken. Im Judentum schuf G“tt den Menschen. Der Mensch wird aus einer theologischen Anthropologie (Menschenkunde) definiert. Der Mensch ist, wie er von G“tt gesehen wird. Er steht mit dem Allmächtigen im Zwiegespräch, führt kein isoliertes Dasein und seine Ideen bilden nicht den „Maßstab der Dinge“. Gerade hierin unterscheidet sich das Judentum von der modernen Denkweise, die den Menschen als ein unabhängiges und selbständiges Wesen betrachtet.

 

Sein Erschaffen-Worden-Sein folgt den Menschen überall

„Ich denke, also ich bin“ wird in der Jüdischen Theologie ersetzt durch: „Ich werde von G“tt gekannt, meine Gedanken werden durch IHN geprüft und das bestimmt mein Wesen“. Das Menschenbild in der Theologie ist also wesentlich anders als das Menschenbild in moderner Denkweise. Sein Erschaffen-Worden-Sein folgt den Menschen überall und immer. Ohne dass G“tt uns kennt, ist keine Existenz möglich; ohne unsere Kenntnis von G“tt entbehren moralische Überzeugungen ihr Fundament und ihre Stabilität.

 

die Theologie bricht von Oben in die Welt hinein

Moderne Philosophen stellen den Menschen und seinen Grund in den Mittelpunkt. Philosophie und Glaube sind gegensätzliche Geistesströmungen. Die Philosophie ist der Versuch, die Welt von unten nach oben zu erfassen. Die Theologie dagegen ist das Denken über die Offenbarung, die als die Richtige von Oben in die Welt hinein bricht. Deshalb ist der Atheismus – religiös betrachtet – im Grunde genommen weniger hinnehmbar als der wahre Götzendienst, der aufrecht nach einer Ersten Ursache sucht. Götzendiener erkennen eine höhere Macht an. Wenn sie gute Fragen stellen würden, kämen sie schließlich zu dem alles durchdringenden Einheitsprinzip. Atheisten erkennen eine höhere Macht nicht an.

 

eine intensive Glaubens- Diskussion: Awraham versus Nimrod

Unser erster Erzvater Awraham hatte am Anfang seines religiösen Bildungsweges mit Nimrod, der das Feuer anbetete, eine intensive Glaubens- Diskussion. In diesem Dialog wurde immer nach tiefer gehenden „Ursachen“ dieser Welt gesucht: „Lasse uns dem Wasser dienen. Das ist immerhin stärker als Feuer. Aber dann ist der Wolkendienst zu bevorzugen, da die Wolken die Herkunft des Wassers bilden. Dann sollten wir den Winden dienen müssen, aber auch diese sind von vorhergehenden Ursachen abhängig“. Würde man diese Diskussion ernsthaft und aufrichtig fortsetzen, würden die Gesprächspartner letztendlich der Ersten Ursache auf die Spur kommen. Auch ein Feuer- oder Sonnenanbeter kommt dann schließlich beim G“ttlichen Prinzip an.

 

selbst in den Mittelpunkt

Der moderne Denker stellt sich jedoch selbst in den Mittelpunkt. Das Judentum heilt uns von unserer eigenen Selbstverehrung. Aber die götzenartige Anbetung des Egos ist schwer zu überwinden.

 

Author: © Oberrabbiner Raphael Evers | Raawi Jüdisches Magazin

Foto: Tod des Erstgeborenen des Pharao | Gemälde © 1872 Lawrence Alma-Tadema